Within Temptation: Das Altersheim rockt

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Within Temptation hegen im Gegensatz zu den Scorpions noch keine Absicht, eine irgendwann 25 Jahre feiernde Abschiedstournee anzutreten. Sharons letzter Satz klingt dennoch beinahe müde. Die Sängerin versichert umgehend, dass dies aktuell nicht der Fall ist. Laut ihren eigenen Worten verbindet sie mit dem Tourneeleben eine Art von fast schon schizophrener Hassliebe: „Solange ich unterwegs bin, liebe ich es“, plaudert Sharon aus dem Nähkästchen.

„Sobald ich wieder zu Hause angekommen bin, hasse ich den Gedanken, wieder auf die Straßen zu ziehen und meine Familie und Freunde dabei zurückzulassen. Dummerweise erfordert die lange Vorplanung unserer Tourneen, dass wir ausgerechnet dann Entscheidungen treffen müssen, wenn ich am wenigsten Lust dazu habe, nämlich sofort nach meiner Rückkehr.“ Der Schlüssel für die Bewältigung dieser paradoxen Situation liegt für die Holländerin in ihrer Familie: „Es ist wichtig, ein normales Leben zu haben und auch mal den Müll rauszutragen“, meint sie. „Wer pausenlos unterwegs ist und alles hinterhergetragen bekommt, verliert leicht den Bezug zur Realität. Ich brauche diese Bodenhaftung.“

Pure Magie

Dabei ist das Alter, zumindest für einige Rock-Stars, nicht mehr in jedem Fall ein Grund, sich vom Live-Zirkus zu verabschieden – solange die Gesundheit mitspielt. Die Zahl von Musikern, die noch immer live auftreten, obwohl sie ihren 60., 70. und gelegentlich sogar 80. Geburtstag hinter sich haben, wächst beständig. Sich vom Publikum feiern zu lassen, scheint für manch einen Bühnenveteranen ­wahlweise eine Art von Droge oder Lebenselixier zu sein. „Für mich klingt ‚Droge‘ zur sehr nach Abhängigkeit und Sklaverei“, schüttelt Robert den Kopf. „Für manchen Musiker mag sogar etwas dran sein, aber für mich definitiv nicht. Die Bühne ist für viele jedoch ein untrennbarer Teil ihrer selbst.

Für den einen ist es eine Leidenschaft, für den anderen ein Beruf.“ Auch Sharon hat eine eigene Meinung zu dem Gefühl, vor vielen Menschen aufzutreten: „Das ist mitunter pure Magie“, findet sie. „Und es ist ein Weg, um sich auszudrücken. Auf der Bühne zu stehen, hat viele Aspekte – so wie auch diejenigen, die auf ihr stehen. Man kann sich gehen lassen, man kann sich künstlerisch ausdrücken oder auch eins mit seiner Musik und dem Publikum werden. Manchmal ist es Magie, ein anderes Mal tatsächlich so etwas wie eine Droge. Da oben ist man in seinem Element.“

Überkritisch und perfektionistisch

Dabei lässt es speziell Sharon zumindest äußerlich leicht aussehen, vor Zehntausenden zu stehen und eine Menge mitzureißen. „Ich litt viele Jahre unter Lampenfieber, und auf die Bretter rauszugehen, war eine Zerreißprobe für meine Nerven“, verrät die Sängerin. „Nach den ersten ein, zwei Songs war es dann wieder in Ordnung für mich. Es hat lange gedauert, aber eines Tages hat sich das gelegt.“ Die Gründe für ihre anfängliche Nervosität waren vielfältig. Sie wollte zu viele Dinge gleichzeitig, war überkritisch mit sich selbst und obendrein zu perfektionistisch. Sharon hatte ein bestimmtes Bild im Kopf, wie sie auf der Bühne sein sollte und ärgerte sich selbst über kleinste Fehler.

„Als wir als kleine Band anfingen, wurde alles mit Applaus begrüßt“, erinnert sie sich. „Die Leute haben uns geliebt. Dann kam der Punkt in unserer Karriere, als die Kritiker lauter wurden. Das betraf auch Dinge, auf die wir keinen Einfluss hatten. Oder die Leute hatten eine schlechte Meinung von uns, die sie lautstark kundtaten. Das hat mich eine Weile verun­sichert, bis ich gelernt habe, mit solchen Sachen umzugehen.“

Wiedergefundenes Selbstvertrauen

Einer der Gründe für ihr wiedergefundenes Selbst­vertrauen auf der Bühne ist ihr langjähriger Monitormann, den Sharon mit viel Lob bedenkt. Monitore sind jene Lautsprecher auf der Bühne oder im Ohr, was auch bei ihr der Fall ist. Damit können Musiker zum einen sich selbst sowie zum anderen ihre Mitstreiter hören. Vor allem bei Festivals bietet sich dem Publikum immer wieder der Anblick von Musikern, die wild in Richtung Bühnenrand gestikulieren.

Dann stimmt meist der Mix im Monitor nicht und Änderungen werden mit Nachdruck eingefordert. „Es ist unheimlich wichtig, sich selbst, aber auch die anderen gut und in einer angemessenen Lautstärke zu hören“, betont die Sängerin. „Das gibt mir die nötige Sicherheit, um mich nicht ständig selbst hinterfragen zu müssen, sondern mich in meinem Element bewegen zu können.“

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Wie sich das Within Temptation-Tourneeleben in den letzten zwei Jahrzehnten gewandelt hat, wie Sharon es schafft, ein positiver Mensch zu bleiben und wie man sich als Songwriting-Ehepaar nicht gegenseitig zerfleischt, lest ihr in der METAL HAMMER-Oktoberausgabe 2023, erhältlich am Kiosk oder indem ihr das Heft bequem nach Hause bestellt. Noch einfacher und günstiger geht’s im Abo!

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