Nichts ist spannender für einen Entwickler, als eine komplett neue Marke zu schaffen – und nichts riskanter. Bethesda und Arcane trafen zwar mit der Überraschung „Dishonored – Die Maske des Zorns“ in puncto prima Presse ins Schwarze, selbstverständlich ist Erfolg aber mitnichten – wie im Falle des Superflops „Ride to Hell – Retribution“. Der Vorteil am Start bei Null: Kreative müssen sich nicht an Vorgängern und deren ausgelutschten Standards messen. So auch Sony und Ready at Dawn, die mit „The Order – 1886“ einen PS4-exklusiven Shooter ins Leben rufen. Wir sind nach London gereist, um die weltweit ersten Spielszenen zu inspizieren.
Profis am Werk
Die Chancen für einen Hit stehen gut, denn schon die Vita von Entwickler Ready at Dawn kann sich sehen lassen: Die PSP-Spezialisten pushten die Verkäufe von Sonys Mobilkonsole mit von Preisen überhäuften Spitzenprodukten wie der „God of War“-Serie gleich mehrfach – weshalb Japans Elektrogigant Studiochef Ru Weerasuriya und seinem Team wohl völlig vertraut. „Wir hatten völlig freie Hand“ bestätigt Weerasuriya im Interview mit COMPUTER BILD SPIELE.
Die Realität steht Kopf
Die angenehme Frische von „The Order – 1886“ beginnt mit dem Schauplatz: Das Viktorianische London ist – vor allem für einen Shooter – eine ungewöhnliche Wahl. Außerdem ist das Setting Steilvorlage für eine prächtig düstere Atmosphäre. Denn wer denkt da nicht an Themen wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde oder Sherlock Holmes? Wie eine trockene Lektüre erscheint das Spiel natürlich nicht. Den historischen Rahmen mischen Ready at Dawn nämlich mit technischen Komponenten wie Laserwaffen oder futuristischen Funkgeräten, die es in der Realität so nicht gegeben hat. Das bringt einen Hauch Steampunk ins Spiel. Selbiges gilt für die Geschichte um eine Spezialeinheit namens The Order, die mit Waffengewalt gegen grässliche Mutanten vorgeht. Diese sogenannten Half-Breeds sind mutierte Menschen, die bereits seit Jahrhunderten ihr Unwesen treiben. „Wir wollen die Realität auf den Kopf stellen“, kommentiert Ru Weerasuriya das Konzept.
Historisches Setting trifft Fantasiewelt – klingelt da nicht etwas? Tatsächlich erinnert die Prämisse von „The Order – 1886“ etwas an das spielbare Geschichtsbuch „Assassin’s Creed“, ironischerweise etabliertes Sinnbild des Fortsetzungswahns. Trotzdem wirkt „The Order – 1886“ eigenständig – schon allein durch das Setting.
Interaktionismus
Das uns gezeigte zehnminütige Gameplay spielt in Whitechapel, dem berühmt-berüchtigten Stadtviertel Londons, in dem der Serienmörder Jack the Ripper hauste. Die vierköpfige The-Order-Truppe hat jedoch anderes zu tun, als einem Phantom hinterher zu jagen. Von einem Dach aus beobachtet Sir Galahad, dessen Rolle Sie als Spieler einnehmen, durch ein Fernrohr die Umgebung. Sein Ziel: Ein Rebellen-Netzwerk aufdecken. Politische Unruhen und damit verbundene Waffenkonflikte sind neben Monstren die zweite, große Bedrohung im Spiel – und eine weitere clevere Brücke zur Realität. Die schön inszenierte Zwischensequenz in Spielegrafik dürfen Sie übrigens beeinflussen. So blicken Sie nach Lust und Laune über die Dächer Londons und durch die nebligen Gassen. Die Interaktivität soll dem Spieler mehr Kontrolle geben und ihn somit richtig eintauchen lassen.
Flaschendrehen
Der Blick in die Ferne spiegelt zudem die bereits jetzt tolle Grafik wider. Die verwinkelten Dächer blitzen im Nachmittagslicht, die blauen Uniformen protzen mit Details wie fein ausgearbeiteten Schulterklappen. Überhaupt ist der Look knackscharf – ohne die Sterilität eines „Killzone – Shadow Fall“. Über Funk erfahren Galahad und seine Mitstreiter von einem Waffendepot in der Nähe – und machen sich flugs auf.
Die Zwischensequenz endet und „The Order – 1886“ schaltet zum ersten Mal in die wirkliche Spielperspektive: Wie bei den jüngeren „Resident Evil“-Teilen sehen Sie Ihren Spielcharakter hüftabwärts, ebenso zoomt das Spiel etwas herein, wenn Sie Ihre Waffe zücken. Vorerst wird jedoch nicht geschossen, denn die Garde arbeitet sich pazifistisch von Dach zu Dach vor. Auch hier sind die Umgebungen beeindruckend ausgearbeitet, so stößt Galahad etwa ein Holzfass an und eine darauf stehende Glasflasche kippt klirrend um und rollt physikalisch korrekt umher.
Dreh dich
Lärmendes Geschützfeuer hallt aus der Ferne, während der Orden einen Kellereingang erreicht. Als Galahad die Kellertreppe hinabsteigt und „The Order – 1886“ noch düstere Farbtöne anschlägt, kommt einem erneut „Resident Evil“ in den Sinn, vor allem Teil 4 der Survival-Horror-Serie. Wunderschöne Lichteffekte kommen der plötzlichen Horroratmosphäre zugute, gleiches gilt für den nur grob und dreckig verputzen roten Backstein an den Wänden.
Im Keller findet sich ein Waffenlager. Der Star: eine mächtige Schnellfeuerwaffe im Zweiter-Weltkrieg-Stil. Galahad langt zum Gewehr – und Sie greifen ein weiteres Mal aktiv in die Zwischensequenz ein, indem Sie den Lauf drehen, um eine Seriennummer zu entdecken. Ob die Mechanik später auch für komplexere Rätsel hinhält, ist noch nicht bekannt. Möglich ist es aber, wie erneut Weerasuriya verrät: „Das Spiel ist schon im Kern ein Shooter, das schließt andere Spielformen aber nicht aus“.
The Order of War
Als der Orden den Keller wieder verlässt gerät er plötzlich in ein Gefecht mit den Rebellen – bärtige Typen mit provisorischer Kampfkleidung und Hüten statt Helmen. Dass es sich bei Widerstandskämpfern um Zivilisten und nicht Profisoldaten handelt, bringt Ready at Dawn durch ihr Äußeres realistisch rüber. Als Galahad hinter einer Mauer in Deckung geht und seine Waffe das erste Mal einsetzt, zeigt das Spiel sein wahres Ich: Ready at Dawn schafft offenbar einen Deckungs-Shooter im Stil von „Gears of War“. Und genauso dynamisch wie Marcus Fenix hüpft auch Sir Galahad über Mauern und Sandsäcke, nachdem er ein paar punktgenaue Schüsse gesetzt hat. Anschließend beobachtet die Redaktion einen ruppigen Nahkampf, an dessen Ende Galahad seinem Gegenüber brutal ein Messer in den Hals rammt. Wie in den anderen Cutscenes beeinflussen Sie mit bestimmten Kommandos Verlauf und Ausgang des Kampfes. So abrupt wie das Scharmützel begann, endet auch die kurze Demo von „The Order – 1886“. Eindruck hat sie
Prognose: The Order – 1886
„The Order – 1886“ kann bislang noch alles werden – denn knapp zehn Minuten Gameplay lassen kaum auf ein gutes Spiel schließen. Was die Redaktion allerdings in dieser kurzen Zeit, erblickte, wirkt mehr als vielversprechend. Das Setting ist unverbraucht, die Grafik schick, die Shooter-Mechanik dynamisch. Ob der ambitionierte Exklusivtitel aber mehr als ein plumper „Gears of War“-Klon wird, zeigt sich erst später – wenn Ready at Dawn konkrete Plot-Details und Missionen offenbart.
Erscheinungstermin „The Order – 1886“: 2014 für Playstation 4.
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Quelle: Computer Bild Spiele. Mehr bei computerbild.de
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