Wes Borland ist Künstler aus Überzeugung und froh, seit Jahren machen zu können, was er möchte. Niemand redet ihm rein, ganz gleich, ob er an seinen eigentlich als Solo-Projekt gestarteten Black Light Burns arbeitet, oder bei anderen Bands aushilft. Sein Herzblut fließt natürlich direkt in Black Light Burns, deren von Industrial Rock geprägtes Debüt CRUEL MELODY jetzt auch endlich in Deutschland erscheint.
„Es ist viel von mir als Person in dieses Album gewandert,“ erklärt Wes, der auf dem Album nicht nur diverse Instrumente übernahm, sondern auch gleich selber sang. Dumm nur, dass das Album jetzt schon rund zwei Jahre alt ist und Wes Borland damit live gezwungen, alles erneut zu durchleben, was er damals mit den Songs exorzieren wollte.
Aber das macht ihm wenig aus. Denn gerade auf der Bühne lebt sich der Künstler aus Überzeugung erst so richtig aus. „Die Songs sind intensiv für mich, so dass ich auf der Bühne alles noch einmal erlebe. Es passiert deshalb auch immer wieder, dass ich mich während der Show verletze. Nicht, dass das beabsichtigt wäre, aber ich steigere mich manchmal so in die Show hinein, dass ich alles um mich herum vergesse. Das geht dann eben nicht immer glimpflich aus.“
Wer ihn in den letzten Jahren abseits von Limp Bizkit und ihrer riesigen Live-Inszenierung gesehen hat, weiß genau, was er meint. Da macht es auch nichts, wenn Wes nicht seine eigenen Songs, sondern die von zum Beispiel From First To Last live spielt, bei denen er von 2005 bis 2006 aktiv war, oder bei dem riesigen und umjubelten Dreifach-Gig von X Japan Ende März 2008 in Tokio mitspielt.
„Man sollte Konzerte immer angehen, als ob es die letzte Möglichkeit ist, auf der Bühne zu stehen. Vielleicht ist es das letzte Publikum deines Lebens, also nutze die Gelegenheit. Wenn du einen Auftritt so angehst, wird es automatisch intensiv. Egal, ob es die eigenen Songs sind, oder die von jemand anders.“
Um die eigenen Songs von CRUEL MELODY zu präsentieren, bemüht Meister Borland mittlerweile nicht nur drei Mitmusiker aus Fleisch und Blut, sondern auch einen Laptop, der für Effekte und Spielereien zuständig ist. Eine taktgenaue Maschine, die sich einen Dreck darum schert, ob sich ein Musiker im Konzert gerade selber kasteit, oder minutiös im Rhythmus bleibt. Eine nicht ganz einfache Situation für Überzeugungstäter des Gehen-lassens, wie Wes zugibt – auch wenn er trotzdem die Vorteile sieht.
„Da müssen wir halt mit zurecht kommen – was auch irgendwie geht. Aber ich finde es auch fast logisch, wenn eine Maschine die Töne ausgibt, auch auf einer Maschine entworfen wurden. Wir lassen keine Gitarrenspuren oder ähnliches vom Computer wiedergeben, sondern nur Effekte. Außerdem ist es ein Maul weniger, das zu stopfen ist.“
Ein wichtiger Punkt, denn die fetten Jahre der Limp Bizkit Größe sind vorbei. Die Touren sind kleiner, der Band-Bus übersichtlicher, die mitreisende Crew dezimiert. Doch Wes Borland vermisst die alten Tage kein Stück. Er macht lieber von Herzen das, was er wirklich machen möchte, worin er seine wirkliche Erfüllung findet.
Wenn das nun bedeutet, nur mit einem Laptop, statt einem Keyboarder, auf Tour zu gehen, oder das Black Light Burns Debüt zwei Jahre nach der Aufnahme erst in Deutschland auf dem Markt zu haben, dann ist das halt so.