Tourstory

Tourstory: Unterwegs mit Bullet For My Valentine

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Dienstag. Dichter Nebel durchzieht die Mitte Deutschlands. Doch Bullet For My Valentine verschlägt es nicht ins zentrale Geschehen oder die großen Stationen angesagter Tourneen. Matt Tuck und Co. erforschen mit dem neuen Werk VENOM die Randgebiete – fahren dahin, wo sie noch nie waren. Heute ist das die Garage in Saarbrücken. Aber so klein ist dieser Club gar nicht: „Ja, für Bullets Verhältnisse vielleicht“, schmunzelt Gitarrist Mat Welsh von der Supportband While She Sleeps am Merch-Stand über die tausend Menschen fassende Location. Cradle Of Filth waren erst am Tag zuvor hier, erinnert sich Mat an den Day-off. Oben im Backstage-Raum begrüßen Bullet For My Valentine METAL HAMMER dagegen mit langen Gesichtern. Ihr freier Tag war wenig spektakulär, Langeweile ist angekommen. Immerhin reisen die drei Bands – komplettiert durch die japanischen Coldrain – seit knapp sechs Wochen gemeinsam von England aus durch Europa.

Aber es lohnt sich: „Die Hallen sind gefüllter als bei den großen Shows“, lacht Matt zu Recht. Denn schon Stunden vor dem Einlass stehen die Fans Schlange, während der Sänger sein wöchentliches Workout bestreitet und Kollege Michael „Padge“ Paget die Klampfe vor dem MacBook malträtiert. Mit gestählten Muskeln geht’s runter zum Guitar Tech, der Matts neues Tourshirt in While She Sleeps-Optik armfrei zurechtstutzt. Nebenbei schielt der Gitarrist zu seinen neuen Lieblingen rüber. Neben den „paar Gitarren“ stehen neuerdings digitale Amps. Matt beschreibt deren Sound als „fuckin’ crushin’“. Weil diese Zukunft der Live-Musik stets mit originalem Album-Sound glänzen kann. Und das in jeder Location, überall perfekt, keine Probleme, und vor allem kein Geschleppe für die Crew. Sowieso ist weniger zu tun bei der Kleinstadttournee – „keine Pyro, kein fancy Scheiß“, nur Rock’n’Roll.

Ein Truck steht hinterm Club, zwei Tour-Busse daneben. Irgendwo dazwischen bauen Coldrain ihre Rückenmuskulatur auf; noch fünf Minuten bis zur Show. Auch While She Sleeps trainieren bereits ihre Stimmchen, und Bullet hängen an ihren Instrumenten. Keiner will gegen den anderen abstinken. Die Japaner sowieso nie, schon Anfang 2014 waren sie mit ­Bullet For My Valentine auf Tour. Das hat sich bewährt: Ihre Fans bouncen zu knall­harten Metalcore-Stampfern wie ‘No Escape’ oder ‘Gone’, die sich irgendwo zwischen Of Mice & Men und dem Geballer der tourenden Bands verorten. Frenetischer Applaus begrüßt das professionelle Rumgeturne der disziplinierten Burschen.

„Wir haben viele Stationen hinter uns auf dieser Tour. Aber Deutschland ist unser liebstes Land“, verkündet Sänger Masato. Trotzdem kommen einige zu spät, weil das Konzert heute vorverlegt wurde. Keine Zeit für Trauer: Entgegen abebbender Euphorie gehen While She Sleeps noch krasser zur Sache. Gitarrist Sean Long hat mittlerweile Roundhousekicks gelernt, Schreitier Loz Taylor, wie man in Rage Against The Machine-Manier abgeht, und Welsh dreht sich wie wild im Kreis. Diese Typen sind gepeinigt von einer Getriebenheit, die ihresgleichen sucht. Noch immer stecken die Sheffielder, passend zum neuen Album BRAINWASHED, schön bedrohlich im roten Lichtdickicht gefangen. „Wir machen uns gerade neue Freunde im Raum, oder?“, lacht Loz, bevor er zu ‘Our Courage, Our Cancer’ standesgemäß sein Shirt wegwirft und „Whooo“-Rufe kassiert. Mit blutendem Arm lädt Taylor zum massivem Crowd­surfen bei ‘Seven Hills’ ein, dann türmen sich Leute auf Schultern zum neuen Hit ‘Four Walls’. Loz schwebt an ihnen vorbei.

“The Party Is Over”

Hinter der Bühne springt Matt den Hampelmann, Padge zündet sich ’ne Kippe an – jeder fit auf seine Art. Es wirkt: Mit ‘No Way Out’ präsentieren Bullet For My Valentine die Grundessenz ihres neuen Schaffens namens VENOM. Mehr Verspieltheit und Dramaturgie, weniger Rock und kurze Haare. Fans können jede Zeile laut mitgrölen, was Padge tierisch freut. Vor der Show gesteht er nämlich, dass er beim Vorgänger TEMPER TEMPER kaum Mitsprache­recht hatte; diesmal war er wieder voll involviert. „Ich bringe eben auch was auf den Tisch.“ Das spürt man eindringlichst am neuen Über-Hit ‘You Want A Battle? (Here’s A War)’. Als Geheimtipp holen die Waliser ihre erste Single ‘Raising Hell’ raus, bei der der gesamte Saal miteinstimmt. Und das war erst das neue Material. Bei ‘Scream Aim Fire’ herrscht totale Hingabe, die in gewaltigen „Bullet!“-Rufen ausufert. Beim Kracher ‘The Poison’ ist die erste Reihe Mädchen am Verzweifeln, und Tränen füllen die glänzenden Augen, als Matt Tuck allein das balladeske ‘Last Fight’ anstimmt.

Der Titel-Track ‘Venom’ fordert noch die Mitsingkraft, dann darf ‘Worthless’ beweisen, warum die neuen Bullet weit gereifter, wuchtiger und ausgewogener wirken. Auch, weil jetzt Bassist Jamie Mathias dabei ist und Matt gehörig beim Gesang unterstützt. Nach ‘Tears Don’t Fall’ werden lange die Teufelshörner gen Himmel gereckt. Als dann noch ‘Hands Of Blood’ folgt, wird die Erkenntnis wach, wie viele verdammte Hits die Briten haben. Dann sind sie erst mal weg von der Bild­fläche. Ohne die Zugaben ‘Your ­Betrayal’ und ‘Waking The Demon’ geht aber niemand nach Hause. Matt Tuck ist einfach die Rampensau schlechthin, gibt den unkaputtbaren Strahlemann. Hinter der Bühne ­dagegen wirkt er zurückhaltend, auf sich selbst konzentriert und verkriecht sich schnell. Am Merch-Stand laden derweil die Supportbands zum fröhlichen Selfie-Schießen ein. Kaum eine Viertelstunde vergeht, schon ist die gesamte Produktion von der Bühne verschwunden. Arbeit getan, was nun? „Wir sind seit Juni auf Tour“, erklärt sich Drummer Michael „Moose“ Thomas, denn nach der Show geht nicht mehr viel außer Smartphone-Suchten. „Das ist Rock’n’Roll, oder?“, wirft Jamie ein. „The party is over.“

Vincent Grundke & Tom Küppers

Was auf den weiteren Stationen der Bullet For My Valetine-Tour passiert, lest ihr in unserer Februar-Ausgabe 2016.
Das Heft kann einzeln und innerhalb von Deutschland für 7,90 Euro (inkl. Porto) per Post bestellt werden. Einfach eine Mail mit dem Betreff „Einzelheft Metal Hammer 02/16“ an einzelheft@metal-hammer.deschicken. Generell können natürlich alle Hefte auch einzeln nachbestellt werden – alle Infos dazu findet ihr unter www.metal-hammer.de/einzelheft.

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