Nicht nur Tuomas fällt eine schwere Last vom Herzen: „Ich hatte Sorge, dass die große stilistische Spannbreite unseres Albums von den Hörern für mentale Selbstbefriedigung gehalten wird“, gibt Marco zu. „Aber es scheint angekommen zu sein, dass wir mit Metal, Celtic Folk, Klassik und Jazz lediglich unsere Möglichkeiten bis zum Äußersten ausreizen.“ Seine Gesangspartnerin wirkt dagegen deutlich selbstsicherer als vier Jahre zuvor bei der Vorstellung von DARK PASSION PLAY. Damals lastete die Frage schwer auf der Schwedin, wie Millionen von Nightwish-Fans auf ihre Stimme reagieren werden. „Mit der Gewissheit im Rücken, dass mich eine klare Mehrheit der Leute akzeptiert, konnte ich deutlich weitergehen“, weiß Anette heute. „Tuomas kennt jetzt meine Art zu singen und hat die Tonlage für mich etwas angepasst.“
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Anette Olzon sieht noch einen weiteren Vorteil in ihrem Unfall: Die von ihr zwar geschätzten, aber tief in der Provinz befindlichen Petrax Studios waren zu dem späteren Zeitpunkt ausgebucht. Daher zog Anette in die Finnvox Studios nach Helsinki um. Dort konnte sie mit der Familie zusammen sein. 14 Tage lang sang die Frontfrau ihre Stücke mit professioneller Ausrüstung zum zweiten Mal nach den Demoaufnahmen vom Sommerlager in Röskö komplett ein. „Am Ende haben wir dennoch ungefähr die Hälfte der Gesangsspuren und einen noch größeren Anteil vom Keyboard aus den Demositzungen übernommen“, meldet sich Tuomas zu Wort. „Marco erging es nicht anders. Die Magie des ersten Moments lässt sich oft nicht wieder einfangen.“ Der Sommer im Ferienlager hinterließ bei den Musikern einen bleibenden Eindruck.
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Wie bereits die Überschrift andeutet, inspirierte Walt Whitman den Musiker einmal mehr, und zwar zu ‘Song Of Myself’. Bei der Erwähnung des US-Dichters zieht der Keyboarder ein Exemplar von ʻLeaves Of Grassʼ, dem zentralen Gedichtband des überzeugten Demokraten, aus seiner Tasche. „Das Werk von Walt Whitman hat einen sehr großen Einfluss auf mich“, spricht er das Offensichtliche aus. „Seine Idee von der universellen Einheit betrifft auch IMAGINAERUM.“ Laut Tuomas fasst das neue Album seine sechs Vorgänger gewissermaßen zusammen. Altbekannte Themen wie Kindheit, Unschuld und Träume tauchen wieder auf und werden auf den Punkt gebracht. „Inhaltlich stellen meine aktuellen Texte eine Feier der Existenz dar“, hebt der Finne hervor. „Whitman wirkt dabei wie eine Offenbarung auf mich. Ich finde viele von meinen eigenen Gedanken in seinem Werk wieder, indem es um Freiheit und Gleichheit sowie gegen Fundamentalismus und Hass geht.“ Als Prediger will er aber auf keinen Fall gelten und ebenso wenig als Lehrer für Whitmans Konzepte. Stattdessen möchte Tuomas mit seiner Musik einfach nur die eigenen Gedanken wiedergeben. Seine große Verehrung für den amerikanischen Dichter teilt er mit Troy Donockley. Der englische Multiinstrumentalist steuert wie auf DARK PASSION PLAY erneut den Folklore-Sound mit Uilleann Pipes und Whistles zu IMAGINAERUM bei.
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