Titanfall: Die Multiplayer-Maschine

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In einem Krieg ist der richtige Zeitpunkt allesentscheidend. Sind die Fronten verhärtet, bleibt man besser in Deckung, wartet bis die Feinde müde sind und schlägt dann mit voller Power zu. Wie das nach Lehrplan funktioniert, zeigt derzeit ein Spiel so präzise, dass selbst Tom Clancy vor Freude in die Luft ballern würde: „Titanfall“. Wenn es je einen guten Zeitpunkt gab, das Segment der Multiplayerspiele aufzumischen, dann ist er genau jetzt. „Battlefield 4“ stolpert von einem Bug zum nächsten, kommt aus den Negativ-Schlagzeilen nicht heraus. „Call of Duty – Ghosts“ macht nicht viel verkehrt, setzt aber langsam Staub an. Die Riesen im bleihaltigen Mehrspielergeschäft straucheln, während aus dem Nichts ein unbekannter Gegner stampft, der gewaltig schubsen kann. „Titanfall“ wird das Formtief der Marktführer nutzen – und könnte im Vorbeigehen sogar die Xbox One retten.

Skepsis ist geboten

Aber der Reihe nach. Zunächst ist da nämlich bloß ein großer Haufen Blech – „Mechs“, wie es im Spielejargon heißt. Und weil es derer in der Branche nicht gerade wenige gibt, stand entsprechend schnell der Vorwurf der Innovationsarmut im Raum. „Nicht schon wieder Roboter“, so der Tenor vieler Spieler.

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Zudem ist „Titanfall“ ein reines Multiplayergame ohne Einzelspielerkampagne. Auch das schreckt in Zeiten, in denen ein Solo-Part obligatorisch ist und gefälligst acht Stunden zu dauern hat, viele Zocker ab. Schließlich ist der Titel das Erstlingswerk des noch jungen Studios Respawn Entertainment. Trotz vieler Vorschusslorbeeren ist Skepsis also durchaus angebracht.

Call-of-Duty-DNA

Nun, so ganz unerfahren sind die Mannen von Respawn natürlich nicht. Viele Mitarbeiter haben einst unter dem Label Infinity Ward die „Call of Duty“-Reihe erfunden. Diese Verwandtschaft ist spürbar: Die Titel haben eine ähnliche DNA, wobei „Titanfall“ diese an entscheidenden Stellen verfeinert.

Als einfacher Soldat – salopp Pilot genannt – tragen Sie ganz Shooter-typisch eine Primär- und eine Sekundärwaffe. Dazu verfügen Sie über eine schwere Anti-Titanenwaffe, Granaten und einen temporären Tarnmodus à la „Crysis“. Was diese Infanterie auszeichnet, ist ihr Tempo. Piloten springen meterhoch, sprinten Wände seitlich entlang und nehmen keinen Schaden, wenn sie aus großer Höhe auf den Boden prallen. Die Steuerung dieser wieselflinken Soldaten funktioniert ausgezeichnet und Sie übertragen ihre Agilität ganz natürlich in Ihre Spielweise.

Die gut designten Karten kommen dem entgegen, weil sie vertikal ausgelegt sind. An eine Schlucht drängt sich ein höher gelegener Maschinenraum, direkt daneben geht es durch offene Decken an die Oberfläche und gleich weiter einen Berg hinauf. Mit den Piloten bewältigen Sie diese großen Höhenunterschiede nicht nur schnell, sondern intuitiv. Diese Dynamik überträgt sich auf die Gefechte, da Gegner nach wenigen Treffern erledigt sind.

Sturz der Titanen

Nach einer bestimmten Zeit bekommen Sie als Soldat das Signal „Titan ready“, markieren eine Landezone und vom Himmel kracht ein Koloss aus Stahl. Mit einem Tastendruck schwingen Sie sich in sein Cockpit und nehmen wohlwollend zur Kenntnis, dass sich alle drei verfügbaren Titanen wie die Piloten steuern lassen. Statt Granaten und Tarnmodus gibt’s einen Abfangschild, mit dem Kugeln erst abgebremst und dann auf Gegner zurückgeworfen werden, sowie einen Raketenschwarm. Statt großer Sprünge haben Titanen kurze Bewegungsschübe auf Lager. Der Wechsel vom Soldatendasein ins Titanen-Cockpit ist fließend. Unter dem Strich ist der höchst geschmeidige „Titanfall“-Spielfluss ein Erbe von „Call of Duty“.

Zweiklassen-Vorteil

Computer Bild SpieleIm Kampf gegen andere Titanen bremst das Spieltempo merklich. Es entstehen „Grabenkämpfe“, Versteckspiele hinter ganzen Häuserpartien, lange Feuerwechsel. Besonders in diesen Momenten kommen taktische Manöver zum tragen – etwa das Abschneiden von Fluchtwegen, Flankieren des kampfstärksten Ogre-Titanen oder der gemeinsame Rückzug. Ob solche strategischen Elemente in „Titanfall“ aber mehr als eine Nebenrolle spielen werden, muss sich noch herauskristallisieren. Die extreme Mobilität der Soldaten ist jedenfalls ein Spaßfaktor, der bisweilen von einem koordinierten Vorgehen ablenkt.

Unabhängig davon ist dieser Dualismus aus Titanen und Piloten der größte Trumpf von „Titanfall“. Sie ergänzen sich erstklassig und weisen spürbare Unterschiede im Spielgefühl auf. Man erlebt als Pilot rasante Gefechte und freut sich, wenn der Blechmann kampfbereit ist. Das beschert „Titanfall“ eine frische Variabilität, die „Call of Duty – Ghosts“ oder „Battlefield 4“ nicht aufbringen. Da stört es kaum, dass die Spielmodi klassischer Natur sind und bei der Grafik wenig „Next-Gen-Feeling“ aufkommt. Es ist ein Spiel auf optisch hohem, aber nicht allerhöchstem Niveau.

Party-Interface

Einfache Infanterie erledigen Sie als Titan mit einem Schuss – aber treffen Sie die kleinen Irrwische erst mal! Es greift das klassische Prinzip: Beweglichkeit gleicht Waffenhoheit aus, was dazu führt, dass Sie sich als Titan zu keinem Zeitpunkt übermächtig fühlen. Ganz im Gegenteil: Man hätte sich sogar etwas mehr Ruhe und Erhabenheit als Titan gewünscht. Als Roboterpilot plagen Sie Zahlenkolonnen, Energieleisten, Farben, transparente Zielraster, Blinklichter, Kreisbewegungen, Schüttelfrost, Übelkeit. Wer einen Trip durchs Bangkoker Chinatown chaotisch findet, der bekommt als Titan eine Lektion in Sachen Multitasking. Sich an die überfrachtete Spieloberfläche gewöhnen und unter Beschuss keine Schnappatmung bekommen – das ist die große Hürde, die vor allem Frischlinge bewältigen müssen. Mit der Zeit findet man sich mit dem überladenen Interface ab, doch es bleibt eine ärgerliche Schwäche von „Titanfall“.

Zu viel des Guten

Überhaupt gilt bei „Titanfall“ das Prinzip „Viel hilft viel“. Dabei schießen die Macher hin und wieder über das Ziel hinaus. Dazu zählen etwa die Burncards, also spezielle Boni, die Sie mit der Zeit erspielen. So starten Sie beispielsweise mit einer stärkeren Waffe oder wachen als Soldat unmittelbar an dem Ort auf, an dem Sie gerade gestorben sind. Natürlich springt Respawn damit auf den Trend der virtuellen Spielkarten auf, den Blizzard mit „Hearthstone“ vorantreibt. Bei „Titanfall“ wirken diese Bonuskarten aufgesetzt.

Sie sind auch deshalb überflüssig, weil der Titel ohnehin über ein umfangreiches Perk-System verfügt. In jeder Runde sammeln Sie Erfahrungspunkte, steigen im Level auf und schalten sich stets neue Fähigkeiten frei. Das sind dann neue Waffen, höhere Geschwindigkeit und so weiter. Nach jedem (etwa zehn-minütigen) Match klicken Sie sich durch massig neue Errungenschaften, haben 90 Sekunden Zeit, Ihren Piloten und Titanen damit auszustatten und ehe Sie sich versehen, ballern Sie schon wieder auf alles, was sich bewegt. Nächste Runde, nächster Kill, nächste XP-Stufe. Grundsätzlich steht ein solches Entwicklungssystem auch modernen Shootern gut zu Gesicht. Nur sollte es dezent bleiben und dem Headshot auf dem Schlachtfeld nicht die Show stehlen.

I’m a Creep

Und Headshots – davon gibt es eine ganze Menge. Das liegt nicht daran, dass Ihre Gegner nichts drauf haben. Nein, unter den 6-gegen-6-Gefechten tummeln sich zusätzliche KI-Soldaten – man darf sie getrost als richtungsweisende Multiplayer-Shooter-Innovation bezeichnen. Die Computergegner sind zwar kaum mehr als Kanonenfutter, erfüllen dabei aber trotzdem eine wichtige Funktion: Selbst Anfänger feiern so ihre Erfolgserlebnisse und dürfen schnell ihren Titanen rufen. Ganz anders als bei „Call of Duty“ also, das vor allem gute Spieler belohnt. Eine „Killstreak-Belohnung“ – etwa den „Helo Pilot“, mit dem Sie aus der Luft die Gegner rasieren – gibt’s da für zwölf Kills in Folge ohne zu sterben. Überlegenes Spielzeug also für jene, die ohnehin schon dominieren. In „Titanfall“ sind Boni dank der KI-Gegner für alle zugänglich.

Dieser Mechanismus ist auch deshalb interessant, weil er ein integraler Bestandteil einer anderen, höchst erfolgreichen Multiplayer-Strömung ist: den MOBA-Games. In Titeln wie „League of Legends“ und „DotA 2“ wandert massig Creep über die Karte. Indem Sie das Fußvolk eliminieren, leveln Sie Ihre Figur hoch. Der strategisch kluge Umgang mit den Opferlämmern ist in MOBA-Spielen in etwa genauso wichtig wie das Nachladen in „Battlefield 4“. Ein cleverer Schachzug von Respawn, sich hier inspirieren zu lassen. „Titanfall“ streut damit Salz in die Wunden der Konkurrenz und legt auch noch den Finger rein. Innovation ist auch im Multiplayer-Shooter-Bereich möglich.

Fazit: Titanfall

„Titanfall“ trifft die schwächelnde Multiplayer-Konkurrenz empfindlich, weil es auf ein bewährtes Fundament setzt, das extrem flüssig läuft und unmittelbar unterhält. Dazu mixen die Macher mit den Titanen und KI-Gegnern originelle Zutaten, die die Rivalen schlagartig sehr alt aussehen lassen. Nicht alles klappt reibungslos – das Perk-System etwa ist gut aber zu aufgebläht und die Grafik nicht besser als Durchschnitt. Sich das alles aber mit einer komplett neuen Spielmarke zu trauen, das verdient Respekt. „Titanfall“ wird den Mehrspielerkrieg mächtig aufmischen und den inzwischen arg gebeutelten Xbox-One-Spielern ein längst vergessenes Gefühl wiedergeben: Man hat wieder einen echten Exklusivtitel.

Erscheinungstermin „Titanfall“: 13. März 2014 für PC, Xbox One; 28. März für Xbox 360.

Quelle: Computer Bild Spiele. Mehr bei computerbild.de

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