MH: Gibt es bei den Menschen dort kein Bewusstsein für die dramatische Situation?
JK: Die Bauern bekommen von der Holzfabrik für einen Stamm 250 bis 300 Euro, die Holzfabrik verkauft den für 2.500 Euro weiter, und hier in Europa kostet er dann 30.000 Euro.

TL: Wenn die Waldarbeiter uns sahen, schalteten sie sofort die Kettensägen aus, flüchteten in den Wald und riefen: „Verpisst euch!“ Sie haben Angst, dass die Bilder um die Welt gehen. Ganz ähnlich ist es mit der Fischerei. Normalerweise schwimmen die Fische in der Trockenzeit aus den Lagunen zurück in den Hauptstrom, weil die Seen austrocknen. Gesetzlich erlaubt ist es, Netze über die Hälfte des Flusses zu spannen, damit ein Teil der Fische daran vorbei schwimmen kann.
Jetzt sperren die Fischer aber den gesamten Fluss ab, mit bis zu zehn Netzen hintereinander. Das heißt: Kein Fisch kommt da mehr durch, nur noch die ganz kleinen. An allen Ecken und Enden wird ein immenser Raubbau betrieben. Die Menschen holen sich sämtliche Schildkröteneier aus den Gelegen. Früher war das anders, da wurde immer die Hälfte von allem übriggelassen.
MH: Könnte sich das nicht ändern, wenn andere Erlösquellen, wie etwa Tourismus, den Raubbau ablösen würden?
JK: Ich glaube, dass die Ecken, in denen Till und ich unterwegs waren, niemals kommerziell für den Tourismus genutzt werden. Denn wenn man ehrlich ist: Die größte Einnahmequelle dort ist die Kokainproduktion. Man reist also mitten in einem Drogengebiet. Wir konnten uns dort nur deshalb frei bewegen, weil der Konflikt zwischen den Kartellen durch die Regierung eingedämmt wurde. Offenbar hat nun das Militär das Sagen beim Kokshandel.
Und genauso benehmen sich die Menschen. Die indigenen Völker werden vertrieben und bekommen Ersatzflächen zugeteilt, ihre Gebiete gehen an die Goldsucher für deren Schürfrechte. Die den Menschen zugewiesenen Flächen taugen aber nichts, sodass sie nicht mehr in Dörfern wohnen, sondern in einer Art Kleinstadt. Das wird in Zukunft noch sehr problematisch werden.
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