Studioreport: Science Of Sleep über den Wolken Berlins

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Im Herzen Berlins, da, wo Plattenbauten-Türme hohe Schatten über die heile Shoppingwelt des Einkaufszentrums Alexa werfen, wo die betagten Menschen noch mit Hut zum Lidl gehen und die Jungs in Jogginghose langlaufen, dort finden sich die Sludge Studios.

Gerade zu Gast: Science Of Sleep – eine junge Death Metal-/Deathcore-Formation aus Braunschweig, die mit ihrem Debüt EXHAUST und massiver Live-Präsenz für ganz schön Wirbel sorgte. Jetzt wird Album Nummer zwei eingedroschen. Vor Ort: Sven Weber, der sich zwei auf Dropped-A# gestimmte Sechssaiter-Gitarren, eine auf F-Standard gefixte Achtsaiter und einen Bass mit fünf Saiten vorknöpft. Der Songschreiber spielt das Album im Alleingang ein, die Drums sind programmiert.

Strenge und Ehrfurcht

Wie schon beim Debüt knüppelt Sven das Ding im Schlagabtausch mit Simon ein. Simon dirigiert übersichtlich streng, aber motivierend druckvoll. Sven sitzt ehrfürchtig und beherzt neben ihm und kämpft mit seinen Fingern. Worte wie “Schrubber”, “tight”, “boom”, “üpsi” und “schwiiing” hallen durch den Raum. Es geht alles ratzfatz, die Gitarren sind in sechs Tagen aufgenommen. Bewährte Methode: “Copy-Paste-Production”, witzeln die beiden. “Natürlich machen wir uns die moderne Technik zunutze und schneiden mal etwas auseinander oder kopieren wiederkehrende Riffs und Elemente. Spielen muss sie Sven natürlich noch immer, aber es spart etwas Zeit”, erklärt Hawemann. Aber nicht alle Hindernisse sind damit beseitigt, wie das “schreckliche Kopfschmerzen verursachende Metronom”, plaudert Sven. “Die Lead-Gitarren haben erheblich mehr Zeit und Nerven gekostet [als die Rhythmus-Gitarren], vor allem, wenn ein gelungener Part vom Aufnahmeprogramm gefressen worden ist. Technik… Dies wurde dann mit einem: ‘Logic, du Hurensohn!’ von Simon kommentiert und erneut eingeprügelt.”

Nicht nur das Logic-Programm zeugt von der modernen Technik, von der Simon spricht. Auch das Herzstück der Aufnahmen, der Kemper Amp. Mit dem Artefakt der Neuzeit kann jeglicher Verstärker, auch längst ausgestorbene Unikate, imitiert werden. Für Studioaufnahmen und Live-Konzerte effektreicher Gitarrenakrobaten stellt der eine echte Erleichterung dar, für Verfechter des Rock’n’Rolls ist er sicher ein Dorn im Auge. Immerhin kann der Erfolg des Kempers die traditionellen Verstärkerhersteller tief in die Knie grätschen. So oder so vergnügen sich mehr und mehr junge Bands mit dem handlichen Gerät, wagen Bands wie Wovenwar und Northlane wüste Klangfantasien, indem sie auf der Bühne per Fußtritt einfach von Amp zu Amp switchen.

Zweites Album in den finalen Zügen

Zwölf Songs ballern Science Of Sleep für den Zweitling ein, keiner davon trägt bisher einen Titel, die Platte auch nicht. Neu im Sound von SOS: Clean-Parts. Der Doktor der Disharmonie Hawemann muss lachen, als er’s zum ersten Mal hört: “Wat ein Geleier!” Selbst hat der gute Mann nicht viel mit Core-Musik am Hut, verehrt Extreme Metal-Bands wie Portal, Celeste und Lord Mantis. Sein Standard für Studioaufnahmen ist hoch: “Ich versuche bei Sludge Studios etwas wählerischer zu sein mit den Bands, mit denen ich arbeite. In erster Linie ist das natürlich ein Job, aber meine Motivation zu arbeiten ist deutlich höher, wenn die Musik ein bestimmtes Level an Qualität hat und die Musiker nicht nur ihr Handwerk beherrschen, sondern auch noch korrekt sind.” Deshalb kann er auch frohen Mutes behaupten, wie es um den Stellenwert von SOS bestellt ist: “Ich finde, dass Science Of Sleep durchaus auf internationalem Niveau agieren und in Deutschland in ihrer Nische auch die ernstzunehmendste und fähigste Band sind.” Und vom frischen Material weiß er folgendes: “[Es] scheint mir noch eine Spur aggressiver zu sein als das Debüt.” Da steigt SOS-Gitarrist Sven dankbar ein und zeigt seine Sicht: Die neuen Songs seien “dunkler, schneller, schwerer, weitläufiger, eingängiger, technischer, dissonanter und melodischer” als auf EXHAUST.

Und bis Science Of Sleep diesen Beweis antreten, warten wir lauernd wie ein Kätzchen auf Mäusejagd: “Die weiteren Schritte zur fertigen CD sind: Texte perfektionieren, Vocals setzen und aufnehmen (extern) und dann alles zu Simon zurückschicken, um es mixen und mastern zu lassen”, so Sven Weber. Was METAL HAMMER bisher hören durfte, klingt mehr als vielversprechend. Wer also auf hartes Geknüppel abfährt und von wüstem Gegrowle untenrum erregt wird, der sollte den Jungs unbedingt ein Ohr gönnen. Im Herbst oder Winter kommt das neue Album.

Für alle, die nicht warten können

Wer wie Simon mit Leidenschaft Gitarrenfreak ist, darf hier noch den Maestro im O-Ton über seine Schaustücke fachsimpeln hören: “Sven spielt mit meinen Ibanez-Gitarren ein. Die Rhythmus-Gitarre ist eine aufgrund ihrer Farbe von mir ‘Vice City’ getaufte Ibanez RG mit einem DiMarzio D Activator als Bridge Pickup. Beim letzten Mal hat Sven noch seine LTD Viper mit der typischen EMG81/85 Kombination mitgebracht und wir haben damals einen kurzen A/B-Soundtest aufgenommen und festgestellt, dass diese nicht so gut klingen wie die DiMarzios. Die EMGs komprimieren sehr stark und klingen nicht so organisch und offen wie die DiMarzios. Dieses Mal hat er sie gleich zu Hause gelassen und sich drauf verlassen, hier das richtige Werkzeug vorzufinden.

Für die Leads, Clean Parts und crunchigen Stellen benutzen wir meine Ibanez RGT320Z. Diese hat einen DiMarzio Dominion an der Bridge und einen Gravity Storm am Neck und ist etwas variabler im Sound. Als Bass benutzen wir einen Ibanez Gary Willis Fretless. Dieser klingt leicht verzerrt sehr geil. Eigentlich hört man am Ende nicht, dass es ein Fretless ist, aber er hat trotzdem einen charakteristischen Ton, auf den ich gern zurückgreife.”

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