Es ist das erste Game der neuen Nintendo-Konsole Switch und das letzte große Abenteuer auf der unterschätzten Wii U: ‘The Legend Of Zelda: Breath Of The Wild’ begeistert Spieler weltweit und überzeugt selbst Kritiker der Spieleserie. Wie es das macht? Indem es Konventionen bricht – nicht nur des eigenen Zelda-Universums, sondern aktueller Games überhaupt. Offene Spielewelten sind dank ‘GTA’, ‘The Elder Scrolls’ und ‘Watch Dogs’ nichts neues – die Konsequenz, mit der Nintendo ‘Breath Of The Wild’-Spieler aber in die Wildnis entlässt, um sich dort in der riesigen Umgebung und mit der Spielemechanik zurecht zu finden, sucht seinesgleichen. Ein krasser Bruch mit dem linearen Ablauf bisheriger Ableger der Zelda-Reihe! Auch viele weitere von Fans gewohnte und geliebte Elemente fehlen in ‘The Legend Of Zelda: Breath Of The Wild’ – mancher Käufer fragte sich gar, ob das tatsächlich noch ein ‘Zelda’ sei. Tatsächlich dauert es ein paar Spielstunden, bis sich das gewohnte Zelda-Feeling einstellt. Nach einigen Dutzend Stunden in den Feldern, Bergen, Schluchten und Wäldern von Hyrule wagen wir es, Bilanz zu ziehen!
Angriff der Hühner!
Es sind die vielen kleinen Details, die Spieler seit Jahrzehnten in Hyrule ein Gefühl der Vertrautheit geben. Eines davon ist die furchtbare Bedrohung durch angreifende Hühner! Natürlich ist das Federvieh zunächst friedlich – ärgert der Spieler eines der Hühner aber zu lange durch permanente Schwerthiebe auf den Kopf, folgt die Blutrache: Ein Schwarm wildgewordener Tiere hackt gackernd auf Link ein und lässt sich nur schwer wieder abschütteln. Auch die Mini-Quest,in Kakariko ausgebrochene Hühner zu finden und ins Gehege zu setzen, kommt sehr vertraut vor.
Ohne Truhe ist es kein Schatz
Berichten zufolge spielten die Entwickler mit dem Gedanken, in ‘Breath Of The Wild’ auf Truhen zu verzichten. Das geht zu weit! Beschwerliche Umwege auf sich zu nehmen, um entlegene Schatzkisten zu erreichen, optionale Rätsel zu lösen oder ein Monster-Zeltlager auszurotten, machte noch in jedem ‘The Legend Of Zelda’ einfach zu viel Spaß. Schließlich vor der Truhe zu stehen, Licht unter dem sich öffnenden Deckel scheinen zu sehen und die vertraute Melodie klingeln zu hören – das ist die wahre Befriedigung, egal ob fünf Rubine oder ein seltener, robuster Stahlhammer darin liegen.
Erkennen Sie die Melodie?
Apropos Schatztruhen und Klingeln: Fans diskutieren eifrig über den Soundtrack von ‘Breath Of The Wild’! Strotzten Spiele der Zelda-Reihe von heldenhaften Melodien mit hohem Wiedererkennunsgwert und Hang zum Bombast, fährt der neueste Switch- und Wii U-Ableger eine andere Schiene: Die Tonspur ist reduziert, über weite Strecken ist kaum mehr als das Rauschen des Windes, raschelndes Gras, Plätschernder Regen, Vögel und Getier zu hören. Das schafft Atmosphäre! Im Zusammenspiel mit der farbenprächtigen HD-Grafik und realistischer Physik (rutschige Felsen im Regen, verwehte Items im Sturm…) fühlt man sich tatsächlich inmitten der Wildnis. Um so epischer der Moment, in dem nervöses Piano-Klimpern den Angriff eines mechanischen Wächters ankündigt! Trotzdem haben es Variationen altbekannter Töne ins Spiel geschafft – die Freude ist groß, unvorbereitet an Salia und Epona erinnert zu werden.
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Fremde Orte, bekannte Namen
Salia, Mikau, Rauru, Darunia… klingelt’s? Wer schon länger in Hyrule und Umgebung unterwegs ist, wird sich an liebgewonnene Charaktere erinnern. Obgleich noch unklar ist, wo in der verzweigten und verwässerten Zelda-Timeline ‘Breath Of The Wild’ anzusiedeln ist, kann man von einer relativ fernen Zukunft ausgehen; die Charaktere dürften also nicht mehr leben – sind aber doch Teil der Spielwelt! Berggipfel, Flüsse und Seen sind nach den legendären Begleitern Links früherer Inkarnationen benannt. Eine schöne Geste! Natürlich klingen auch Namen von Orten und Gegenden wie Eldin und Ranelle altvertraut.
Wir sind das Volk – und was für eins!
Zoras, Goronen, Gerudos, Krogs, die sagenumwobenen Shiekah – Hyrule ist trotz der Verheerung Ganon recht bevölkert. Und wir fühlen uns zu Hause! Viele der hylianischen Rassen kennen wir längst aus anderen ‘Zelda’-Teilen, wenn teils auch in leicht anderem Design – gerade Zora und Orni haben sich in den vergangenen Jahrtausenden entwickelt, die Shiekah stehen überhaupt zum ersten Mal so zentral in der Handlung. Schön zu sehen ist nebenher, dass die Völker in viel engerem Austausch zueinander stehen als in früheren Spielen. Wie der Terri-Händler allerdings so lange überleben konnte, muss sein Geheimnis bleiben; und wo steckt eigentlich Tingle?
Ich werde in die Pilze geh’n
So viel zu sammeln gab es in noch keinem ‘Zelda’! Pilze, Früchte, Gesteine, Gewürze, Echsen und Fleisch – für einen Ausdauerbarsch ist immer Platz in der Tasche! Trotzdem geht das Zusammenrühren der Zutaten für stärkende Nahrung und Medizin einfach von der Hand und macht mehr Spaß als der Besuch beim Trank-Brauer in vorherigen Teilen. Gesammelt wurde eh schon immer: statt ekliger Skultulla-Spinnen finden sich zahlreiche (900!) Krog-Samen an den abgelegensten Plätzen; nebenher wird alles fotografiert für den Pokedex das Hyrule-Lexikon; Feenquellen wollen aufgedeckt werden, um Kraft zu tanken. Der für ‘The Legend Of Zelda’ typische Entdeckerdrang wird maximal ausgelebt und fortwährend belohnt!
Rätsel im Keller
Sehr skeptisch wurde in der ‘Zelda’-Gemeinde aufgenommen, dass es in ‘Breath Of The Wild’ keine Tempel geben wird. Die großen Dungeons waren immer ein Herzstück der Reihe, forderten thematisch (Wasser-, Feuer-, Wind-Tempel etc.) den geschickten Einsatz gerade erworbener Fähigkeiten und boten einen finalen Bosskampf, der mit einem Herzcontainer belohnte. Stattdessen sind in Hyrule satte 120 Schreine versteckt, die in überschaubarer Umgebung Geschick, Kampfkraft, physikalische oder logische Rätselkünste fordern. Das ist zunächst ungewohnt – allerdings ist die Oberwelt in ‘Breath Of The Wild’ so groß und voller Herausforderungen, dass sie sich selbst wie eine dynamische Aneinanderreihung thematischer Tempel anfühlt. An großen Gegnern mangelt es ebenfalls nicht – die vier Titanen sorgen zusätzlich für spezielle Herausforderungen. Fair ist, dass nach vier gelösten Schreine ein neuer Herzcontainer (oder erhöhte Ausdauer) winkt; zumal ‘Breath Of The Wild’ eh anders funktioniert: Nicht der Spielcharakter wird stärker und gewinnt an Erfahrung, sondern der Spieler!
It’s dangerous to go alone!
Wer erinnert sich nicht an die warnenden Worte des namenlosen alten Mannes zu Beginn des allerersten ‘The Legend Of Zelda’-Abenteuers auf dem NES, bevor er Link sein erstes Schwert reicht? „It’s dangerous to go alone! Take this.“ ‘Breath Of The Wild’ steckt voller Referenzen gerade an die Ursprünge der Spieleserie (Ein alter Mann am Spielbeginn? Eine offene Spielewelt?) – und auch der legendäre erste Satz ist im Game versteckt. Und zwar vor deinen Augen! Blickt Link durch das Fernrohr auf eine der von ihm gesetzten Markierungen, sind hylianische Schriftzeichen im Lichtstrahl zu erkennen. Was darin wohl zu lesen ist…? Siehe oben.
Never change a winning team
Link, Zelda, Ganon, Impa… seit ‘Skyward Sword’ wissen wir von ihrem Fluch, auf ewig in den Kampf Licht gegen Schatten wiedergeboren zu werden (ob es dem Terri-Händler auch so ergangen ist!?). Am Ende ist es beinahe egal, wann und wo in der Timeline ‘Breath Of The Wild’ angesiedelt ist – die Hauptfiguren füllen ihre alten Rollen mit einem neuen Dreh aus, die Fronten sind abgesteckt, die Bedrohung erkannt. Neue Elemente gab es bisher noch in jedem ‘The Legend Of Zelda’-Spiel – so faszinierend, so neu, so fesselnd fühlte sich aber zuletzt der erste 3D-Ableger ‘Ocarina Of Time’ auf dem N64 an. Nach über 30 Spielstunden haben wir bestenfalls ein Fünftel der Spielewelt im bisher größten, faszinierendsten und vielleicht wichtigsten ‘Zelda’ entdeckt und sind gespannt, welche Überraschungen und bekannte Legenden uns in ‘Breath Of The Wild’ noch erwarten. Auf ins Abenteuer!