Es scheint nahezu unmöglich, Höhepunkte aus Slayers Gesamtwerk REIGN IN BLOOD herauszustellen. Dennoch stehen zwei Songs über allem: einerseits ‘Angel Of Death’, der in seiner Funktion als Opener mit dem innerhalb weniger Töne Spannung aufbauenden Intro und der folgenden Riffübermacht bis heute im Thrash Metal-Sektor unerreicht bleibt. Andererseits ‘Raining Blood’, das die halbe Stunde Raserei beschließt und mit dem alles überragenden Schlagzeug-/Gitarren-Hauptthema den wohl größten Klassiker der Bandgeschichte stellt. Dieser Rahmen für die anderen, allesamt unglaublich geilen Gewaltorgien der Marke ‘Piece By Piece’, ‘Jesus Saves’ und ‘Altar Of Sacrifice’, setzt REIGN IN BLOOD die eigentliche Krone auf.
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Der unbedingte Wille zur Provokation zieht sich zu dieser Zeit durch das gesamte Werk der Band, und am deutlichsten wird dies beim Text von ‘Angel Of Death’: Die Schilderung der Gräueltaten des KZ-Arztes Josef Mengele in Auschwitz kommt ohne Wertung aus und sorgt damit beim Release für Diskussionen, die teilweise bis heute nachwirken. Jeff Hanneman, der den Text schrieb, nachdem er zwei Bücher über Mengele gelesen hatte, sieht sich seitdem Nazivorwürfen ausgesetzt, die er aber stets damit kontert, nur das absolut Offensichtliche nicht thematisiert zu haben. Dass Mengele das personifizierte Böse ist, sei so klar, dass es nicht erklärt werden müsse, meint Hanneman. Bedenkt man, dass zwei Mitglieder von Slayer kubanischer und chilenischer Herkunft sind, Hannemans Vater im zweiten Weltkrieg gegen die Nazis gekämpft hat und Produzent Rick Rubin jüdischen Glaubens ist, wirken die Vorwürfe ohnehin überzogen. Nichtsdestotrotz wissen Slayer diese Kontroverse noch weiter anzufachen, indem sie später den Reichsadler ins Bandlogo einbauen. Jede Provokation ist gute Promotion. Dass das aus deutscher Sicht alles überhaupt nicht geht, ist klar.
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Bleibt nur die Frage, welche Band denn nun das beste Thrash Metal-Album aller Zeiten veröffentlicht hat: Anthrax mit AMONG THE LIVING, Megadeth mit PEACE SELLS… BUT WHO’S BUYING? und Exodus mit BONDED BY BLOOD dürfen sich immerhin noch über ehrenhafte, sichere Plätze in den Top Ten freuen, die sonst hauptsächlich Metallica und Slayer bevölkern. Letzten Endes läuft es aber auf den Zweikampf REIGN IN BLOOD gegen MASTER OF PUPPETS hinaus. Und da kommt es eindeutig darauf an, was man von Thrash Metal erwartet: Metallica agieren auf ihrem Meisterwerk vielschichtiger, musikalischer und erzeugen symphonische Momente, die erhabene Größe ausstrahlen. REIGN IN BLOOD dagegen ist ein einziger Schlag in die Fresse, ein Statement, das in dieser Konsequenz und Furiosität unerreicht bleibt.
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