Am 12. März 2002 spielten die Rockmusik-Visionäre System Of A Down eine ausverkaufte und euphorisch gefeierte Show im Hamburger Docks. Viele Lenze sind seither ins Land gezogen und einiges hat sich getan: System Of A Down sind bis auf weiteres Geschichte. Und die Gemeinde trauert.
Fast sechseinhalb Jahre nach besagter System Of A Down-Supernova-Show beehrt der „Große Serj“ nun erneut die Hamburger Reeperbahn. Allerdings mit über viermonatiger Verspätung: Der eigentliche Termin Anfang April musste wegen Unpässlichkeit verschoben werden.
Umso größer die Erwartungen, wie er sich denn im Club-Ambiente schlägt, der Solo-Serj. Zum Warmmachen hat der sympathische Bärtige mit dem großen Geist die englischen Alternativ-Rocker InMe im Gepäck, die leider früher als angekündigt in die Saiten hauen. Ihr kantiger Gitarren-Rock passt nicht wirklich zu Tankians trotz allem an System Of A Down erinnernden Sound – aber was passt schon dazu?
Als passabler Anheizer funktionieren InMe allemal, und als schließlich gegen 22 Uhr ein wie immer schelmisch grinsender Serj Tankian auf der Bühne steht und ‘The Unthinking Majority’ anstimmt, ist den meisten Anwesenden ohnehin alles egal. Der Moshpit tobt fast wie in besten System Of A Down-Zeiten.
Absolut unterirdisch jedoch ist die Bühnenbeleuchtung (wie die Bildergalerie beweist), die während der ersten drei Songs quasi nicht vorhanden ist. Doch nur während dieser Songs dürfen Fotografen fotografieren. Da die Bühne allerdings schon beim vierten Song plötzlich optimal erleuchtet wird, stellt sich die Frage: Können oder wollen die nicht besser? Doch da heutzutage in den ersten zehn Reihen ohnehin jeder Zweite lieber eine Mini-Kamera in die Luft streckt, als den Moment zu feiern, wird es genug passable Fan-Aufnahmen geben. Verkehrte Welt.
Ungeachtet dessen ist Serj natürlich auch solo ein Hochgenuss: Wie ein kleines Kind freut er sich über den Publikumszuspruch und schmettert zum Dank seine besten Lieder. Also eigentlich alle – bei einem einzigen Album in der Diskografie sind die Möglichkeiten doch relativ limitiert. System Of A Down-Songs spielt er zur allgemeinen Enttäuschung nämlich nicht an. Stattdessen „vermurksen“ er und seine Live-Musikanten den Beatles-Song ‘Girl’ und legen eine wirre Bastard-Rock-Nummer aus Serjs ‘Money’ und ‘Money, Money, Money’ von ABBA aufs Parkett. Höchst eigenwillig.
Als Zugabe folgt ‘Holiday In Cambodia’ von den Dead Kennedys, mit ‘Empty Walls’ endet der leider viel zu kurze Auftritt von Serj Tankian in Hamburg. Möge er noch viele Male wiederkommen.
Setlist Serj Tankian:
– The Unthinking Majority
– Feed Us
– Lie Lie Lie
– Saving Us
– Baby
– Sounds Of War
– Sky Is Over
– Praise The Lord
– Girl
– New Money
– Charades
– Jazz Jam
– Elect The Dead
– Honking Antelope
– Beethoven’s Cunt
—————
– Holiday
– In Cambodia Empty Walls