Saitenhieb: Prophet Lars Ulrich

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Liebe Rocker!

Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt. Der andere packt sie kräftig an und handelt. So geschehen 2000, als sich Lars Ulrich auf die kurzen Hinterbeine stellte und gegen Tauschbörsen der Kategorie Napster bellte (um mal im Reimschema zu bleiben). Der Aufschrei in der Netzgemeinde war groß – Tenor: Dieser Multi­millionär gönnt seinen Fans (also uns) den Dreck unter dem Fingernagel nicht. Skandal! Dabei haben wir diesem Raffzahn doch seine Villa, seine Gemälde plus Privat-Jet finanziert. Das stimmt. Aber freiwillig. Und im Austausch gegen eine Leistung. Mit Napster geriet das Ganze dann ins Ungleich­gewicht. Die User erhielten die Musik. Die Bands: nichts. Da muss man kein Mathegenie sein um zu erkennen, dass an dieser Gleichung irgendetwas nicht stimmt. Was Ulrich allerdings in seinem Furor völlig unter­schätzte, war die Macht der Schwarmintelligenz (schöner ­Euphemismus). Keiner seiner TV-Auftritte, keines seiner Radio-Interviews erreichte die Meinungs­macht des digitalen Shitstorm, der auf Ulrich niederging. Am ­Pranger stand am Ende der Beklaute selbst. An der Seite der Plattenfirmen, die als Ausbeuter gebrandmarkt wurden.

Die Fans fühlten sich als die Betrogenen. Eine mehr als perfide Logik. Sich das zu nehmen, was technisch möglich war – okay, geschenkt (sic!). Aber sich dann auch noch als moralische Instanz zu deklarieren – Respekt. In einer Diskussion formulierte es Ulrich 2000 so: „Es geht um das Recht an dem, was man erschafft. Das gilt nicht nur für Musik, sondern jede Art von Kunst. Die Plattenfirmen haben lange Zeit in mich investiert, des­wegen sehe ich es als legitim an, wenn sie mit meiner Musik Geld verdienen. Irgend­jemand wird an Stelle der Labels davon profitieren, und das sind die Betreiber dieser Plattformen.“ Ziemlich schlaue, vorausschauende Worte für jemanden, der gerne als Dampfplauderer verunglimpft wird. Natürlich war Napster keine Robin Hood-Nummer. Das war schlicht und ergreifend einer der größten Kunsträube seit Menschengedenken. Die „gute alte Zeit“ wird nie mehr wiederkehren, auch okay. Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden. Musik und ihre Vertriebswege waren immer im Wandel, nur blieben bis zur Jahrtausendwende die Urheberrechte unangetastet (und jetzt komm mir keiner mit Privatkopien auf Rohlingen oder Tapes). Lars Ulrich kämpfte einen Kampf, den er längst verloren hatte und der ihn Unmengen an Fans und Glaubwürdigkeit kostete. Aber zum ­15-jährigen Jubiläum sollte man daran erinnern, dass er schlicht und ergreifend eine Sekunde früher als seine Kollegen erkannte, wohin das Ganze führen wird. „Justice is lost, justice is raped, justice is gone.“

Euer Matthias

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