Liebe Rocker!
Das Zeitalter der Machos ist vorbei. In seinem aktuellen Spot hinterfragt selbst ein Chauvi-Player wie Gilette die Folgen der allzu präsenten Maskulinität, und immer öfter kommt es zu einem Aufschrei, wenn es um Sexismus oder Ausgrenzung geht. Das Primavera Festival in Barcelona legt Ende Mai sogar noch eine Schippe drauf und präsentiert ein 50/50 Line-up aus männlichen und weiblichen Interpreten. Während man durchaus darüber streiten kann, ob solche Quoten die Sache wirklich besser machen, sind sie zweifellos ein wichtiges Signal. Dafür, dass etwas passiert. Und dafür, dass es den Menschen auf einflussreichen Positionen nicht scheißegal ist, ob die Musikszene auch weiterhin fest in Männerhand bleibt.
Der Hintern von Gary Holt
Der Heavy Metal könnte das gut vertragen. Seit Jahren tobt die Diskussion um Frauen in dieser Musik, auch unser Blatt hat sich häufig und ausführlich mit dieser Debatte auseinandergesetzt. Und, machen wir uns nichts vor: Bis auf wenige Ausnahmen sind Frauen in dieser Musik immer noch die Ausnahme und provozieren gerne Kommentare wie „Was, eine Frau an der Gitarre?“ oder „Höhö, immerhin ist die Bassistin heiß!“ Über den Sexappeal oder Hintern von Gary Holt, George „Corpsegrinder“ Fisher oder Lars Ulrich hört man eher selten was. Und warum? Weil es gottverdammt noch mal nichts mit der Musik zu tun hat! Doch sobald Brüste ins Spiel kommen, ist dieses Argument außer Kraft gesetzt.
Ich persönlich bin kein Freund von strikten Quoten. Dennoch fällt mir auf: Die oberen Reihen der Festival-Line-ups haben auch dieses Jahr überwiegend einen Penis. Schon klar, das liegt daran, dass Headliner wie Slayer, Sabaton, Parkway Drive, Dimmu Borgir, King Diamond oder Emperor nun mal ziemlich frauenfrei daherkommen. Doch letztlich ist ja genau das Teil des Problems, denn Bands mit tonangebenden Frauen gibt es auch im Heavy Metal mehr als genug.
Male Fronted Metal
Sobald es aber mal eine Band mit Frontfrau ganz nach oben schafft, ist sie schon wieder Dauergespräch und Reizthema unter den sogenannten Fans. Siehe Nightwish, Within Temptation, Epica oder so ziemlich jede andere „female fronted“ Band. Von Myrkur und den lächerlichen Anfeindungen mal ganz zu schweigen. Und dann erst dieser Ausdruck: female fronted. Wenn man jedesmal von einer „male fronted“ Death-Metal-Band sprechen würde, würde einem ziemlich schnell die Puste ausgehen.
Was also tun? Endlich mal damit aufhören, die Rolle einer Frau in einer Metal-Band als besonders herauszustellen! Und stattdessen darüber freuen, wie viele geile Bands mit weiblicher Schubkraft es gibt. Headliner werden schließlich auch nur geschmiedet, weil sie von vielen Menschen gehört werden. Fangen wir also damit an! Und, mal ehrlich: Ein Festival mit Interpreten wie Nightwish, Arch Enemy, Doro, Epica, Blues Pills, Myrkur, Battle Beast, Burning Witches oder Lucifer wäre jetzt auch nicht von schlechten Eltern. Penis hin oder her.
Euer Björn
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