Frontfrau Britta der Thrash-Band Cripper als Harzhexe? Warum nicht. Zumindest entfachen die Hannoveraner Donnerstagnachmittag die erste Wall Of Death des Rockharz 2011. Bei den anschließenden The New Black spielt der Gitarrist lieber im Liegen als senkrecht Gitarre, was der Stimmung aber keinen Abbruch tut. Die können weder Fozzy noch Vreid halten, dafür tönt das Material zu durchschnittlich. Neaera und Pro-Pain sind da von ganz anderem Kaliber und bringen den Mob auf dem umfunktionierten Flughafengelände ordentlich zum Hüpfen. Deutlich weniger gehüpft wird bei Stratovarius, aber dafür jodelt Timo Kotipelto in Schwindel erregenden Höhen. Das komplette Gegenteil dazu sind Hypocrisy, die sich in diesem Sommer rar machen. ‘Roswell 47’ heizt gleich zu Beginn ein, und auch die rapide abkühlende Außentemperatur ändert nichts mehr am Triumphmarsch von Peter Tägtgren und Co. Freiwild ziehen anschließend eine unfassbare Masse Menschen an, sind aber auch die einzige Band an allen drei Tagen, die ein Regenschauer voll erfasst. Ehre wem Ehre gebührt. Bei den glänzend aufgelegten Amorphis ist jedenfalls wieder Ruhe von oben.
Der Höhepunkt des Freitags steht klar im Zeichen des übergroßen Schäferhundes. Powerwolf räumen nach allen Regeln der Kunst ab. Caliban entfachen bei der Zielgruppe anschließend große Portionen Körpergulasch, nerven aber mit furchtbaren Ansagen, Einspielungen vom Band und einer schwachen Coverversion von Rammsteins ‘Sonne’. Bei End Of Green und Saltatio Mortis (beide nett, aber unspektakulär) wird es Zeit für gewichtige Geschäfte. Nach jahrelanger Ankündigung stehen auf dem Rock Harz endlich Wasserklos.
Apropos, Tarjas „Tanzstil“ hat sich immer noch nicht verbessert, aber sie wird gefeiert. Dark Tranquillity haben richtig Bock und ballern eine Stunde aus allen Rohren, womit die Latte für Hammerfall hoch liegt. Die Schweden reißen sie nicht, lassen sie durch das Auslassen von zu vielen Klassikern aber wackeln.
Grand Magus besitzen immer noch die Ausstrahlung einer Biomülltonne, rocken tags darauf aber sehr ordentlich. Orden Ogan konnten drei Stunden zuvor allerdings doppelt so viele Leute mobilisieren. Nashville Pussy und Ektomorf bieten Gelegenheit zur Fressbudeninspektion (im Verhältnis recht vernünftige Preise), bevor Hail Of Bullets mobil machen. Turisas sind angesichts der vielen bemalten Fans heimlicher Headliner, überzeugen aber nur mit älteren Kompositionen. Der Stoff von STAND UP AND FIGHT sitzt noch nicht. Diese Blöße geben sich Letzte Instanz nicht und fiedeln sich in Extase. J.B.O. läuten fast schon traditionell den letzten Abschnitt des Festivals ein, der mit U.D.O. und In Extremo ordentliche Headliner sieht. Störend dabei ist nur ein Mann (Typ: Bankangestellter, mittlere Führungsebene), der mit einem pinken Minirock bekleidet laufend ungefragt sein Gehänge präsentiert und sich freut. Alle anderen Besucher kommen hoffentlich im nächsten Jahr wieder.
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