Rock in Rautheim: Wie im Himmel

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Das komplette Interview mit Rock in Rautheim-Veranstalter Marco Spiller findet ihr in der METAL HAMMER-Juliausgabe 2024, erhältlich am Kiosk oder indem ihr das Heft bequem nach Hause bestellt. Noch einfacher und günstiger geht’s im Abo!

METAL HAMMER: Marco, die Idee zu Rock in Rautheim entstand 2002. Wie wurde ein Festival daraus?

Marco Spiller: Ein Kollege hatte 2002 die Idee, in unserer Kantine bei der Lebenshilfe Braunschweig vor 100-150 Zuschauern eine regionale Band und eine Band mit Beeinträchtigung spielen zu lassen, also ein kleines Rock-Konzert anzubieten. Das hat lange super funktioniert. 2018 dachte ich mir beim Konzert, wir könnten mal eine Metal-Band ansprechen. Bei einer Autogrammstunde fragte ich Brainstorm, ob sie Lust hätten, mal bei uns aufzutreten. Als sie zusagten, wechselten wir in eine 600er-Halle hier auf dem Gelände. Dann kam Corona und es war klar, dass Menschen mit Beeinträchtigung nicht in einer Halle zusammen feiern können, das Virus war für diese Gruppe sehr gefährlich. Ich hatte schon Bands für die nächsten zwei Jahre gebucht – so entstand die Idee, ein Open Air daraus zu machen.

MH: Du hast für all das eine persönliche Motivation, und zwar deine Tochter …

MS: Genau. Meine Frau und ich bekamen ein Kind mit einer schweren Beeinträchtigung. Man sagte uns, dass sie vermutlich maximal zwei Jahre alt werden würde. Heute ist sie 13, unser Leben ist aber weiterhin sehr herausfordernd. So kam ich zur Lebenshilfe und lernte ganz neue Menschen kennen, eine andere „Bubble“. Irgendwann wurde ich dort Vorstand und später Vorstandsvorsitzender. Alles, was ich bei der Lebenshilfe mache, ist ehrenamtlich. Metal höre ich schon immer, dank dieser Vorliebe entstand die neue Ausrichtung der Veranstaltung und schließlich das Open Air.

Barrierefreiheit in allen Facetten

MH: Es heißt, alles an eurem Festival sei inklusiv. Wie äußert sich das konkret?

MS: Wir sagen immer: Von A wie Aufbau bis Z wie Zapfen ist alles inklusiv. Es gibt dieses Jahr 278 ehrenamtliche Helfer. Wir haben keinen externen Veranstalter, sondern machen alles selbst. Menschen mit Beeinträchtigung sind in der Organisation, der Vorbereitung und Planung, aber auch auf dem Festival bei jedem Stand und an allen Stationen, auch im VIP-Bereich, auf Augenhöhe integriert. Es sind immer gemischte Teams.

Besonders ist auch die „Umkehr“ des Gedankens: Wenn man ein Metal-Festival plant, plant man es in der Regel für Gesunde und holt andere dazu, indem man etwa für Rollifahrer Zugänge ermöglicht. Wir als Lebenshilfe sind Experten beim Mitdenken von Barrierefreiheit in allen Facetten. Anfangs sagten wir flapsig: Wir holen die Metal-Fans dazu, unsere Leute sind schon da. Lebenshilfen in ganz Deutschland haben ein Auge dafür, wie man Menschen mit verschiedenen Be­ein­trächtigungen den Zugang ermöglicht – es gibt ja nicht nur Rollifahrer oder Sehbeeinträchtigte.

Ein paar Beispiele: Wir haben Speisekarten, die man sich vorlesen lassen kann, niedrige Theken für Rollifahrer und Rollbänder; wir haben Gummimatten über Kopfsteinpflaster zum Darüberfahren gelegt. Unsere Pflegefachkräfte können im Bedarfsfall in Rückzugsräumen medizinische Versorgungen übernehmen. Es wurde überall punktuell an vieles gedacht – manches sichtbar, anderes nicht. Das Tollste ist, dass die Menschen hier mit Respekt und auf Augenhöhe wie selbstverständlich miteinander feiern.

„Das erlebt man nicht überall.“

Viele davon hätten sich sonst nie im Leben gesehen. Das verbindende Element ist die Musik, die beiden Gruppen Sicherheit gibt. Dadurch nähert man sich zwischenmenschlich an, verliert Ängste und Unsicherheiten. Ich glaube, man muss es beiden Gruppen ermöglichen, in großer Stärke vor Ort zu sein. In der Schule geht es oft um nur ein Kind, das dadurch immer „anders“ ist. Hier sollen sich alle heimisch fühlen, weil ihre Bubbles mitkommen. Für mich sind Metal-Fans sensible, soziale und verständnisvolle Menschen.

Fällt einer hin, wird er aufgehoben, tritt man beim Konzert nach hinten, entschuldigt man sich. Das erlebt man nicht überall. Entgegen einigen Ängsten von Kollegen wusste ich immer, dass es genau die Fans dieser Musik sind, die das können.

Welche Ansätze beim Booking verfolgt werden, wie die Situation für Menschen mit Handicap auf Metal-Veranstaltungen ist und welche Ziele das Rock in Rautheim noch hat, lest ihr in der METAL HAMMER-Juliausgabe 2024, erhältlich am Kiosk oder indem ihr das Heft bequem nach Hause bestellt. Noch einfacher und günstiger geht’s im Abo!

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