Live dabei

Rock Am Ring 2024: METAL HAMMER berichtet live vor Ort

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Das 39. Rock Am Ring-Festival steht an! Das altehrwürdige Musik-Festival, bekanntlich eines der größten überhaupt in Deutschland, findet vom 07.06. bis zum 09.06.2024 statt und wird wieder Zehntausende Fans mit einem wilden Gemisch aus Rock, Metal, Rap und Pop begeistern.

Wir freuen uns ganz besonders auf Bands wie Avenged Sevenfold, Queens Of The Stone Age, Kreator, Kerry King, Corey Taylor und Machine Head. Wenn die alten Knochen es zulassen, pflügt die Windmühle auch bei Electric Callboy, Parkway Drive, Biohazard, Fear Factory, Thy Art Is Murder, Hatebreed, Asinhell (mit Volbeats Michael Poulsen) und Body Count den Acker um.

METAL HAMMER ist wie immer mittendrin, vom Tresen bis in den Moshpit, und versorgt euch im Live-Ticker mit frischen Eindrücken vom in diesem Jahr. Auf Instagram werden wir zudem einige Impressionen und Highlights vom Festival liefern – lasst gerne ein Abo da, um am Ball zu bleiben! Dieser Artikel wird während des Rock Am Ring-Festivals immer wieder aktualisiert. Bleibt also dran!

Sonntag, 09.06.2024

Vom Nürburgring wehen die Motorengeräusche der gaskranken Hobbyrennfahrer herüber, als sich die Fans wieder in Bewegung setzen, um zum Partyendspurt anzusetzen. Unsere Nachbarn wollen sich bei der ARD bewerben, um die Serie „SOKO Wismar“ durch die Eigenkreation „FAKO Oberbaar“ zu ersetzen – ein gesundes Frühstück ist so wichtig. Der im Mühlbach wassergekühlte Kasten Bier könnte allerdings zu einer unfreiwilligen Folge von „Notruf Hafenkante“ führen. Der metallische Großkampftag beginnt mit lockeren Aufwärmübungen bei H-Blockx und Atreyu, bevor die Kalifornier Of Mice & Men die letzten Verschlafenen mit einem Techno-Intro und dem Einstieg ‘Obsolete’ ins Hier und Jetzt katapultieren. Getragen wird die Show durch die charismatische Klargesang- und Screamer-Stimmgewalt Aaron Pauley. Äußerst textsicher ist auch das Publikum, die Singalongs schaffen Elefantenpickel. Die übrige Energie wird beim Folge-Act Heriot in den Circle Pits entladen. Besonders Laune macht auch hier das Personal an der Front. Debbie Gough nutzt ihre schöne Stimme nicht nur für die Höhen, sondern auch für ein freches Screamer-Krächzen. Schon erstaunlich, wie die Briten zur Siesta-Zeit das Publikum hin- und herschicken. Die Death Metal-Keule wird sodann von Thy Art Is Murder geschwungen. Bleimantelgeschosse wie ‘Slaves Beyond Death’, ‘Death Squad Anthem’ oder ‘The Purest Strain Of Hate’ zünden gewaltig und die Fans vor der Bühne machen mächtig Alarm. Leider muss aber auch festgestellt werden, dass der stimmlich gutklassige Tyler Miller nicht ansatzweise den Charme seines Vorgängers CJ McMahon erreicht – der konnte alten Frauen auf dem Marktplatz auch das asozialste Riff mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht als Haushaltshelfer verkaufen.

Thy Art Is Murder

Quietschbunt und etwas anstrengend wird es mit den Japanerinnen Hanabie. Der Metalcore- und EDM-Feuertopf ist immer dann am Besten, wenn die Band die analogen Instrumente bespielt. Das Publikum ist nicht ganz so in Ekstase wie noch gestern bei den Landsleuten Babymetal, dennoch schwingen vorne einige junge Hüpfer das Tanzbein. Nach all der Hektik nehmen wir uns nun etwas Zeit zum progressiven Träumen. Die US-Instrumentalband Polyphia lädt zu einem kleinen Festival-Blues auf der Mandora Stage ein. Immer wieder von doom-lastigen Breaks unterbrochen, wird das Melodiespektakel nicht langweilig. Damen sowie Herren schmachten die äußerst attraktiven Musiker und insbesondere den talentierten Saitenzupfer an. Nervig sind nur die fürchterlichen R’n’B-Gesänge vom Band. Blumann fällt aus seiner Wolke, steuert genervt den Bierstand an und verpasst eine sehr sanfte Wall Of Death. Die Musik ist teils so leise und filigran (was an sich für diese Band nur stimmig ist), dass man leider arg oft das Gebrüll der anderen Stages hört. Nach Counterparts muss der Platz vor der Orbit Stage neu asphaltiert werden. Die Kanadier werfen mit brutalen Breakdown-Brechern um sich und dudeln schöne Melodien in ihren Hardcore.

Counterparts

Kuschelig und (entschuldigt bitte) weinerlicher wird es im Anschluss mit Landmvrks. Die Franzosen bedienen das Harte-Strophe-sanfter-Refrain-Prinzip als Positivbeispiel. Der Tag heute steht zunächst ganz im Sinne des Modern Metal, so könnte die Mandora Stage heute auch in Metalcore Stage umgetauft werden. Weiter geht es mit While She Sleeps, deren Fronter Lawrence ‚Loz‘ Taylor sich im Muscle-Shirt die Stimmbänder wund kreischt. Stolz erzählt er, dass er gerade im Backstage Parkway Drive-Frontmann Winston McCall getroffen und eine Wette abgeschlossen hat, dass seine Band mehr Crowdsurfer generieren könne als die Australier. Sogleich ruft er seine Anhängerschaft vor der Bühne auf, die Menschenwellen zu reiten. Für die Security sei jetzt der „Moment to shine“ – strahlend sieht man jedoch keinen von ihnen. Nettes Spektakel, doch so langsam kommt Blumann an seine Modern Metal-Grenzen, während Strater mit den Hufen vor der Orbit Stage scharrt. 

While She Sleeps

Fear Factory kommen und siegen. Nach kurzer Zeit hat sich der Soundmann auf das industriell angehauchte Riffinferno von Cazares und Campos eingestellt, und der junge Milo Silvestro am Mikro entpuppt sich als Glücksgriff für die Band. Ein guter Shouter, dessen Stimme leicht an seinen Vorgänger Burton C. Bell erinnert, dabei aber deutlich stabiler in den klaren Lagen ist. Dabei ist auch er kein Stimmwunder, aber wenn man bedenkt, dass Bells Klargesang schon 1993 furchtbar klang, sind die näher an Dave Gahan (wenn auch nicht so gut) angelehnten klaren Töne okay. Noch wichtiger ist allerdings, dass es Hits hagelt – von ‘Shock’ und ’Edgecrusher’ über ‘Powershifter’ bis hin zu ‘Demanufacture’, ‘Replica’ und ‘Zero Signal’ – stark.

Fear Factory

Insofern geht es erst spät herüber zu Machine Head, aber auch die Truppe um Frontmann Robb Flynn hat eine starke und schweißtreibende Show abgeliefert, die ihren Höhepunkt mit dem ewigen ‘Davidian’ und ‘Halo’ findet. Im Anschluss sind Biohazard dran, doch deren Triumpfzug wird von Technikproblemen und einem unsäglich schlechten Sound torpediert. Auch wenn die Band das professionell mit Spielfreude ausgleicht, sollten sich die Jungs dringend fähigere Techniker suchen. Wenn nach dem Austausch von Top und Gitarre kurz vor Showbeginn der gleiche Fehlton aus den Boxen sirrt, sollten wohl Kabel und Sender geprüft werden, statt die Show zu starten. Schade.

Machine Head

Es dunkelt und ein Strahlemann kommt auf die Mandora-Stage. Äußert gut gelaunt steigt Corey Taylor empor, vielleicht tut ihm die kleine Pause vom Besetzungskarussell und den internen Streitereien seiner Maskenmänner gut. Schön ist es, als jahrelanger Slipknot-Fan mal die Gesichtszüge des Mannes zu sehen, der mit seiner Stimme schon einmal fast seine Familienplanung ruiniert hätte. Die Moshpit-Fraktion freut sich ebenfalls und zündet Farb-Pyros. Taylors Solonummern kommen sehr gut an, aber es verwundert auch kaum, dass bei den Stone Sour- und Slipknot-Nummern bei den Fans die Ekstase ausbricht. Zwischenzeitig ist auch Zeit für Quatsch, so spielt die Band nach ‘Before I Forget’ das ‘Spongebob Schwammkopf’-Titelstück. 

Corey Taylor

Auf der Orbit Stage geben sich nach bereits 30 Jahren Karriere endlich die mächtigen Hatebreed die Ehre. Der Sound passt wieder und der mittlerweile langmähnige und -bärtige Frontmann Jamey Jasta führt die Band durch ein gnadenloses Hitspektakel. Dass sich dabei viele Hatebreed-Neulinge vor der Bühne befinden, ist gut für die Band, und so vereint Jasta Old- und New-School-Fans, denn alle sind willkommen und ‘As Diehard As They Come’. Statt einer Wall Of Death gibt es hier noch einen großen schwarzen Ball Of Death, der über die Hände des Publikums hüpft.

Hatebreed

Auch Body Count vereinen Fans und Interessierte, denn das Familienunternehmen von Rap-, Schauspiel- und Rock-Legende Ice-T macht nicht nur mit Slayer- und Exploited-Tönen klar, dass die Nummer hier nicht gemütlich wird, sondern vor allem mit Songs wie ‘The Purge’, ‘No Lives Matter’ und ‘Talk Shit, Get Shot’. Während der coole Gitarrist Ernie C gefühlt schon ein dreistelliges Alter erreicht hat, sieht man dem agilen Frontmann Ice-T seine 66 Jahre nicht an, zumal er auch von seinem Sohn Little Ice am Mikro unterstützt wird. Was ihn aber wirklich jung hält, zeigt er den Fans stolz vor: Seine Tochter Chanel Nicole ist zwar erst in der dritten Klasse, weiß aber auch schon, wie man den Fans die Pommesgabel entgegenreckt. Den Quatsch mit Bühne verlassen und für eine Zugabe zurückkommen verbittet er sich Ice-T aus Altersgründen und kürzt die Sache entsprechend ab: Licht kurz aus, Licht wieder an, und schon setzt es das fette ‘Born Dead’. Auf zum Spät- beziehungsweise schon Frühsport bei Parkway Drive um Punkt Mitternacht. Zum Opener ‘Glitch’ gibt es ordentlich Strobo zum Wachbleiben. Schaut man in die vorderen Reihen, ist dies anscheinend nicht nötig – erwartungsgemäß öffnen sich direkt die ersten Pits, Respekt an alle Amateurakrobaten. Auch alle anderen Fans abseits der Schlachtfelder werden in jedem Song zum „Jump, jump“ ermutigt. Die Australier sind die abfallenden Temperaturen in der Eifeler Nacht hörbar nicht gewöhnt, so versagt McCalls Stimme hier und da mal – er entschuldigt sich und macht die Kälte verantwortlich. Zwischenzeitig sollte ihm doch mal warm werden, denn Parkway Drive machen Rammstein immer wieder Konkurrenz, mit Feuerfontänen auf, neben und über der Bühne – reißt die Hütte ab. Wenn das Feuer nichts bringt, muss es eben Körperwärme tun, und so geht es für den Frontmann bei ‘Idols And Anchors’ ab in die Crowd. Band wie Publikum halten tapfer durch und so wird die Mandora Stage mit ‘Wild Eyes’ dicht gemacht. 

Parkway Drive

Samstag, 08.06.2024

So stark das Festival am Freitag mit Asinhell, Kerry King und Kreator begann, fällt der Samstag ein wenig unter das Motto „metallicus interruptus“, was aber auch Gelegenheit bietet, das Gelände genauer zu erkunden. Merch und Nippes, eine sehr große Auswahl an Speisen und Getränken, das Riesenrad und die grundsätzlich gute Organisation lassen schnell vergessen, dass sich hier rund 90.000 Menschen tummeln, um Spaß zu haben. Auch das Wetter spielt mit, denn es bleibt trocken, und selbst der Wind schafft es nicht, den Tontechnikern ins Handwerk zu pfuschen.

Auf der Utopia Stage kehren die Donots in ihr zweites Wohnzimmer zurück, um sich weiterhin dem Kampf mit ihren Buddies von den Toten Hosen zu stellen, wer irgendwann mehr Rock am Ring-Auftritte vorzuweisen hat. Dabei hilft nicht nur der schmissige Punk Rock der Ibbenbürener, sondern auch der Showmaster-Esprit von Sänger Ingo, der nicht nur im Herzen Metaller ist, sondern einen Song auch mal in Tom-Araya-Manier unterbricht, um dafür zu sorgen, dass niemand im wüsten Pit unter die Räder kommt. Apropos Räder, da wir uns auf einer Rennstrecke befinden, hat sich Ingo ein Kinderauto besorgt, mit dem er sich über und durch die Menge tragen lässt. Die Norweger Kvelertak schlagen auf der Orbit-Bühne mit einer LKW-Ladung Orange-Amps auf und kandidieren in der Kategorie „schönstes Bühnenbild“ ganz vorne. Die drei Gitarristen schrabbeln sich ordentlich einen ab, springen wild umher – ein Wunder, dass sie nicht mit dem seit 2018 hinzugekommenen Sänger Ivar Nikolaisen zusammenstoßen. Dieser pflügt ebenfalls wie ein Wiesel über die Bretter des Orbits. Der Mix aus Hardcore, Punk und Alternative Metal in der Landessprache sorgt für ansehendes Kopfnicken beim METAL HAMMER-Kollegium. Zumal die Gitarristen es auch geschickt verstehen, das ein oder andere Classic Rock-Lead der ‘Live And Let Die’-Güteklasse einzuflechten. Die meisten Augen hängen aber an Nikolaisen, der auf der einen Seite den jugendlich ungestümen Charme eines Marty McFly versprüht (als dieser in der Vergangenheit den Leuten Rock’n’Roll zeigt), auf der anderen Seite aber auch wirkt, als sei er trotz seines geringen Alters schon 30 Jahre Heroin-Frontmann bei Darkthrone gewesen. Großartige Show.

Kvelertak
Electric Callboy kriegen Besuch von Babymetal.

Hauptbühne, kurz vor Prime Time, die von „wahren Metallern“ oft nicht ernst genommenen Electric Callboy gehen auf die Überholspur. Und zwar nicht mit einem Klein- oder Mittelklassefahrzeug, sondern mit einem getuneten Boliden der Edelklasse. Überbordende Optik, Herzchen aus der Konfettikanone, zu den Songs passende Klamottenwechsel, dicker Sound und eine Band mit maximaler Spielfreude – hier stimmt einfach alles. Die Jungs sind selbstironisch genug, Romantik mit Pupswitzen zu verbinden, dazu moshbare Breakdowns mit Kirmes-Technobeats zu vermengen. Insofern ist es kein Wunder, dass nicht nur die Meute vor der Bühne ausrastet, sondern der Ring vollsteht: Vermutlich war es um 19.00 Uhr noch nie so voll am Ring. Moshpits, Dancepits, Rudereinlagen wie dereinst bei Amon Amarth, Hüpfen, Springen, Rangelei, ein Dutzend (!) Circle Pits übers Gelände verteilt – die Fans rasten völlig aus und geben alles. Und als die drei Mädels von Babymetal als Gäste auf die Bühne geholt werden, brandet ebenfalls lauter Jubel auf. Das ist hier ganz großes Entertainment und Headliner-Material, was die Electric Callboy bieten. Billy Talent versorgen im Anschluss zwei randvolle Publikumsblöcke zur angenehmen Abendsonne zum bereits sechsten Mal mit Musik – gefühlt sind sie doch jedes Jahr da, oder Musikalisch immer verlässlich, weil nie Risiken eingehend, gibt es jedoch auch keine Überraschungen. „Never change a running Musik- und Outfit-Stil“, dachte sich auch Lead-Gitarrist Ian D’Sa und besinnt sich zurück auf die alte Turmfrisur anstelle seiner Naturlocken. Eine Zeitmaschine zurück in die Nuller Jahre, und so kommen besonders die älteren Nummern aus dieser Epoche, wie ‘Fallen Leaves’ und ‘Red Flag’, gut an.

Auf der Orbit Stage wird es dann mit Underoath melodramatisch. Den christlichen Metalcore muss sich Slayer-Überfan und Satansbrut Blumann erst mal mit zwei, drei Hopfen-Smoothies genießbar schlürfen. Doch die Erleuchtung will nicht kommen. Dann doch lieber zur Fusionsküche auf die Mandora Stage. So einige Zuschauer im Publikum werden sich bei den kommenden 70 Minuten Babymetal fragen, ob ihnen etwas ins Getränk gemischt wurde. Hier ist alles erlaubt: Die Lichtshow gleicht einem Versuch, epileptische Anfälle beschwören zu wollen, und die drei Japanerinnen flitzen mit perfekt einstudierten Tanz-Choreos übers Parkett. Schade nur, dass man die Band rund um das Trio nie richtig sieht, denn ihr Sound von Ethno bis Thrash Metal ist durchaus interessant und insbesondere der Schlagzeuger weiß mit energischem Spiel zu gefallen. Die musizierenden Gestalten verstecken sich jedoch hinter Masken, die wie ein Bastard aus Slipknot und Slaughter To Prevail wirken, während sie mit krachenden Riffs nur so um sich schmeißen. Die japanische Casting-Band lässt einige der Gesänge vom Band abspielen, hier und da werden die Einlagen sichtlich verpasst, aber dies wird schnell weggelächelt. Man kommt nicht drumherum: Hier wirkt vieles gekünstelt. Macht es deswegen weniger Spaß? Mitnichten! Als dann Tom Morello für ein Gitarrensolo per Green Screen hinzugeschaltet wird, glaubt man an nichts mehr. Für die deutsch-japanische Freundschaft sorgen dann Electric Callboy, die den Gastbesuch der Damen erwidern und für den gemeinsamen Ohrwurm ‘Ratátata’ auf die Bühne kommen.

Zum Abschluss des nicht gerade vor Metal strotzenden Samstags schauen wir erneut an der Hauptbühne vorbei, wo sich Green Day zunächst zehn Minuten länger Zeit lassen, um dann noch ein zehnminütiges Intro hinzulegen – trotzdem schön, wie der wieder vollstehende Ring zu Queen und den Ramones mitsingt. Green Day selbst spielen eine saubere, energische Show, obwohl sie sich gar nicht groß anstrengen müssten, denn die Fans freuen sich sowieso über die alten Hits von DOOKIE und AMERICAN IDIOT. Dank der Besetzung mit bis zu drei Gitarren klingen auch alte Punk-Schunkler wie ‘When I Come Around’ oder ‘Basket Case’ (Hände hoch, wer die nicht mit der Band in Zusammenhang stehende, gleichnamige Filmtrilogie kennt!) dick genug, und bevor wir uns den guten Eindruck von Green Day mit emotional überfrachteten Songs wie ‘Wake Me Up When September Ends’ oder ‘Boulevard Of Broken Dreams’ versauen, wird es wieder Zeit für einen taktischen Rückzug, denn der Sonntag wirft seine Schatten voraus: Wir sind bereit für die maximale Metal-Zerstörung!

Freitag, 07.06.2024

Los geht’s bei Rock am Ring – nachdem das Line-up letztes Jahr in Sachen Rock und vor allem Metal arg unterbesetzt war (was sich auch mit „nur“ 70.000 Zuschauern bemerkbar machte), haben die Veranstalter dieses Jahr neben dem wie immer bunt gemischten Programm die volle Breitseite Riffs organisiert – und siehe da, der Ring steht mit 90.000 Fans voll. Die Guano Apes heizen die Menge vor der Utopia-Hauptbühne mit Covern von Eminem und Alphaville auf, doch ob ihr eigener Hit ‘Open Your Eyes’ gespielt wird, bekommen wir nicht mit, da auf der Mandora Stage echter Metal lockt – nach Fit For A King wird mit Asinhell in Sachen Death Metal nachgelegt.

Asinhell mit Volbeat-Fronter Michael Poulsen.

Die Truppe um Volbeat-Frontmann Michael Poulsen und „Deutschlands Dauer-Death-Shouter“ Marc Grewe ist sich ihrer Sonderstellung in Sachen Härte bewusst und bedankt sich mit einem abschließenden „long live Death Metal“ für den Support der Fans. Der Volbeat-Frontmann genießt übrigens, dass ihn hier kaum jemand erkennt, und schaut sich später Kerry King aus dem Infield an (Beweisfoto unten) – lustigerweise steht er zufällig nur drei Meter neben Schlagzeuger Moshael vom NRW-Death Metal-Kommando Reckless Manslaughter, bevor der Däne mit seinen Bandkumpels zum Bierstand schlendert, um sich ein kühles Blondes zu gönnen. Wir schauen derweil bei Familie Michels vorbei und preisen Josefs legendäres Rührei.

Herr Poulsen schaut sich Kerry King an.

Betontod motivieren ebenfalls zum Biergenuss und bei ††† wäre es eine Schande, die Steilvorlage liegen zu lassen – wir machen drei Kreuze, als es vorbei ist. Enter Shikari klemmen wir uns ebenfalls, die coolen Dropkick Murphys machen zwar Spaß, müssen aber dem Ruf des Königs weichen. Auf dem Weg zur Mandora Stage machen wir einen Abstecher zur kleineren Orbit Stage, denn dort unterhält die Scene Queen samt Kollegen eine Menge Fans. Die Mischung aus Rosa-Pastell-Kitsch und dicken Breakdowns ist ein interessantes Konzept, und auch wenn die Bollo-Britney-Barbie kein Stimmwunder ist, ist sie doch eine sehr gute Entertainerin.

Scene Queen

Sodann steht die Rückkehr des Königs ins Haus. Kerry King kommt, sieht (überraschenderweise gar nicht so viele Fans) und macht Kerry-King-Dinge. Nämlich auf der mit schickem Backdrop und umgedrehten LED-Kreuzen verzierten Bühne stehen und dicke Riffs auf die Meute hierniederprasseln lassen. Dabei lebt die Band nicht nur davon, sondern auch von der Rampensau-Qualität ihres Frontmanns Mark Osegueda. Die Setlist basiert mit ‘Toxic’, ‘Two Fists’ oder dem Titeltrack natürlich auf jeder Menge Songs von FROM HELL I RISE, zum Ende hin kredenzt der König seinen treuen Ergebenen aber auch noch ‘Raining Blood’ und ‘Black Magic’ – gerade das letztgenannte Stück sorgt für Gänsehaut – was auch der Qualität von Osegueda geschuldet ist, der selbst die hohen Schreie sauber hinbekommt. Stark!

Kerry King

Prime Time mit dem feinsten Nacken-Schredder aus dem Ruhrpott, denn dieses Jahr feiern Kreator 40 Jahre unter eben jenem Namen. Mille und Konsorten rütteln mit dem Einstieg ‘Hate über Alles’ das jüngere (und in den letzten Jahren vom arg Rap-lastigen Line-up geplagte) Ring-Publikum ordentlich durch, und auch im Verlaufe der Show weiß der gebürtige Essener das Publikum mit klassischen Animationen wie „Springen“ und „macht die größte Wall Of Death“ bei der Stange zu halten – selbst die Wall wird recht ambitioniert umgesetzt, so dass der Pit vorne musikalisch passend untermalt einem Hölleninferno gleicht. So weit, so bekannt, so gut. Strater scheitert allerdings daran, Schlagzeuger Ventor davon zu überzeugen, heimlich Blastbeats in die Songs einzustreuen. Irgendwas ist ja immer.

Kreator

Auf der Utopia Stage wird es zeitgleich (Wer macht diesen verdammten, sich seit Jahren rock- und metal-lastig überschneidenden Timetable?) wüstentrocken mit Queens Of The Stone Age. Deren Konzerte stehen und fallen meist mit der Laune von Josh Homme – und sieh an: Er hat Laune, und sogar gute. Gleich zu Beginn feuert er den Radio-Dauerbrenner ‘No One Knows’ aus den Stiefeln. Der Pit hat keine Chance zu ruhen, es folgt das dreckige ‘Sick, Sick, Sick’. Im Anschluss gibt es ordentlich Zeit, den Tresen anzusteuern, denn die etwas gemäßigten Nummern ‘Smooth Sailing’, ‘Paper Machete’ und ‘Emotion Sickness’ motivieren eher zum kollektiven Schmusen. Gegen Ende wird dann aber mit dem räudigen ‘Misfit Love’ nochmal aufgeräumt, ebenso mit der Pogo-Parade ‘Little Sister’ und dem schmissigen ‘Make It Wit Chu’. Letzteres mit einer kurzen, aber äußerst groovigen und vom Publikum gefeierten Bass-Einlage aus dem Achtziger-Rolling Stones-Disco-Hüftschwinger ‘Miss You’.

Bedeutungsschwanger zur Europa-Wahl geht es weiter mit der „bästen Band der Welt“. Die Ärzte eröffnen mit ‘Deine Schuld’ und hoffen, dass die Fans die Briefwahl genutzt haben, wenn sie denn am Sonntag auf dem Festival sind. Konzerte des 41-jährigen Trios (brutto gerechnet) sind immer etwas Besonderes und haben stets etwas Einmaliges. Und so ist es allein schon eine Freude, die teils ergrauten Herren Tee schlürfend (in Farin Urlaubs Fall) auf der Hauptbühne zu bestaunen, wenngleich der Kühlschrank von Rod mehr Rock’n’Roll-Esprit versprüht. Ein bisschen gemäßigter sind sie schon nach all der Zeit, aber keiner hat eine Menge so gut im Griff wie die gebürtigen beziehungsweise Wahl-Berliner. Besonders gut: Seit geraumer Zeit schließt der einzig wahre Gott (Bela-Farin-Rod) mit der rund zwanzigsekündigen Grindcore-Ulk-Nummer ‘Dauerwelle vs. Minipli’ – das darf gerne so bleiben. Blumann freut sich, Strater vermisst echte Hits wie ‘Zum Bäcker’ und ärgert sich, aufgrund des Arztbesuchs die Hardcore- und Punk-Bands Beartooth und Descendents verpasst zu haben.

Die „bäste Band der Welt“.

Der Late-Night-Act Avenged Sevenfold wagte sich mit dem letzten Album LIFE IS BUT A DREAM… ins Progressive und spaltete Fans wie Kritiker in die Lager „Müll“ und „muss man sich definitiv mehrmals anhören“. Es mag am sonnenschwangeren Tag oder der Uhrzeit liegen, aber so richtig aus dem Quark kommen Fans wie Band nicht. Erst beim Karriere-Booster ‘Nightmare’ öffnen sich die Pits. Da Pennywise trotz all ihrer Erfahrung irgendwie schräg und rumpelig klingen, starten wir den taktischen Rückzug nach einem ereignisreichen Tag, an dem ganz klar der harte Metal gewonnen hat.

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Paul Bostaph: Wir hoffen, dass es mehr Slayer-Shows gibt

Slayer haben kürzlich zumindest zwei (von drei geplanten) Reunionshows gespielt (ein Auftritt fiel extremem Wetter zum Opfer). Nach den Konzerten am 22.9. beim Riot Fest in Chicago sowie am 10.10. beim Aftershock Festival in Sacramento hat Schlagzeuger Paul Bostaph nun seine Hoffnung ausgedrückt, dass die Thrash-Legenden noch mehr Livegigs absolvieren. Blut geleckt So entgegnet der Drummer im Interview mit Nikki Blakk vom Radiosender 107.7 The Bone auf die konkrete Frage, ob es künftig weitere Slayer-Konzerte geben wird: "Wir haben unsere letzte Show gespielt. Alle stellen diese Frage -- und ich stelle sie mir auch, doch ich habe darauf keine Antwort. Also…
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