Es ist nicht sofort greifbar, was hier vor sich geht. Etwas Unerklärliches liegt in der Luft – eine modrig-süßliche Aura, die das Gefühl verströmt, unerlaubt etwas zu beobachten. Das war schon bei DEVIL IS FINE so, keine Frage. Doch was Manuel Gagneux alias Zeal & Ardor auf seinem Zweitling STRANGER FRUIT entfesselt, ist ein zu gleichen Teilen beklemmendes, gequältes und kathartisches Stück Musik.
Seine höllisch gewagte Mischung aus verzweifeltem Südstaaten-Gospel, mythischem Americana und schäumendem Black Metal machte den Schweiz-Amerikaner Gagneux vergangenes Jahr zum ungewöhnlichen Feuilleton-Liebling zwischen dem sumpfigen Mississippi-Delta, dem Todeskult New Orleans’ und lodernden Kirchen; jetzt packt er sein Arsenal erst richtig aus. Beschwörend wie eine Voodoo-Priesterin tief im Wald, verstörend wie der Ritus eines religiös besessenen Wanderpriesters, nach Erlösung schreiend wie ein Country-Schmerzensmann auf dem Irrweg und innig empfunden wie ein lupenreines Stück Soul:
Deutlich kohärenter und in seiner Intensität verheerender als zuletzt verknüpft Gagneux Welten, die voriges Jahr noch jeder für unvereinbar gehalten hätte. Und er macht bei aller Brillanz klar, dass STRANGER FRUIT über weite Strecken auch ohne schwarzmetallisches Wüten funktionieren würde.