Bereits vor zwei Jahren hatte sich auf THE VALLEY mehr als deutlich angedeutet, dass Whitechapel die typischen, erwartbaren Pfade verlassen und sich mit der Verarbeitung von Sänger Phil Bozemans mieser Kindheit auch neuen musikalischen Einflüssen öffnen. Diesen Weg gehen sie nun KIN konsequent weiter. „Kin“ steht für „Verwandtschaft“, und Song-Titel wie ‘Lost Boy’, ‘History Is Silent’ oder ‘Orphan’ lassen vermuten, dass das neue Album eine Weiterführung der genannten Thematik ist. Musikalisch zeigt KIN die US-Band noch variabler als zuvor – neben den unverkennbar harten Death Metal-Wurzeln und -Growls der Band gibt es erneut Klargesang zu hören, der die Band fast in Alternative-Gefilde (wie beim äußerst emotionalen ‘Orphan’) führt, nur um dann mit brutalen Blasts (an den Drums sitzt jetzt Alex Websters Conquering Dystopia-Kumpel Alex Rüdinger) gegenzusteuern oder in ‘A Bloodsoaked Symphony’ hart durchs Midtempo zu schleifen.
🛒 KIN bei AmazonDie ruhigen Momente mit den harschen Ausbrüchen zu verschmelzen, wirkt mitunter fast progressiv. Nicht so offensichtlich zum Konzept gehörend wie zum Beispiel bei Rivers Of Nihil, aber doch offensichtlich genug, um sich neue Hörerschichten zu erschließen. Dazu passen auch das reduzierte Artwork und die ebenfalls reduziert wirkende Produktion von Mark Lewis, der zwar für einen klaren und transparenten Sound gesorgt, diesen jedoch nicht überfrachtet und ins standardisierte Breitwand-Sound-Bild überführt hat. Natürlich ist das alles nicht mehr die reine Lehre der Ballerburgindustrie, aber es ist mehr als löblich, dass sich Whitechapel auf dem immerhin schon achten Album zwar deutlich von ihren Ursprüngen entfernen (warum auch nicht, wo doch die Frühwerke noch immer in der Hall Of Fame düster-bösartiger Aggressivität stehen?), diese aber nicht verleugnen. KIN zeigt eine erwachsen gewordene Band, die neben aller Wut und Aggression auch den Spagat zwischen Hoffnungslosigkeit und dem Licht am Ende des Tunnels verarbeitet.
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