Ein Horrorfilm, der auf einer alten jüdischen Überlieferung beruht und in einer orthodoxen Gemeinde in New York spielt? Interessant! Produziert von der Erfolgsschmiede Blumhouse, die mit ‘Paranormal Activity’ und ‘Insidious‘ spannende Schocker des Übernatürlich-Horrors geschaffen haben, klingt ‘The Vigil’ nach neuer Kost für Genrefans. Umso bedauerlicher ist es, dass der Film dann doch nur eine lauwarme Geisterbahn bleibt.
🛒 ‘The Vigil – Die Totenwache’ bei AmazonDie Geschichte verspricht Neues im durchgekauten Geister-Grusel-Horror: Der junge Yakov möchte die strenge jüdisch-chassidische Gemeinde in Brooklyn am liebsten verlassen, weil er seinen Glauben verloren hat. Da er dringend Geld braucht, stimmt er dem Angebot des Rabbiners zu, die nächtliche Totenwache für ein verstorbenes Gemeindemitglied zu übernehmen. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, nur, dass Yakov mit posttraumatischen Störungen zu kämpfen hat. Durch diesen Aspekt zweifelt man an dem Gesehenen von Yakov und versucht, nach und nach die Vergangenheit zu entschlüsseln.
Vor allem die Ursprünge des Horrors im Holocaust bringen frischen Wind ins Spiel. Doch leider verrennt sich ‘The Vigil’ zu oft in Jumpscares. Ein billiges Element, welches in Horrorfilmen leider einen Dauerauftritt hat. Eine hässliche Fratze plus bis zum Anschlag aufgedrehtes Geschrei erschrecken eben jeden. Das Herz macht einen kleinen Sprung, danach ist alles wieder vorbei. Kunst ist das nicht, die Zuschauer so zu gruseln, dass sie aus Schockstarre gar nicht den geplanten Sturm aus dem Kino/Wohnzimmer antreten können – das ist Horror.
Dabei gibt es Momente in ‘The Vigil’ die dank der düsteren Hintergrundgeschichte (Holocaust) schockieren und verstören können. Sie gehen nur in der „wir drehen den Sound jetzt ganz runter und knallen ihn dir dann so laut um die Ohren, dass deine Anlage schmilzt“ unter. Die Kameraführung ist oftmals zu nah am Protagonisten, und das Szenenbild meistens so düster gehalten, dass man wenig bis gar nichts erkennt. Mag gewollt sein, ist jedoch auffallend nervig. Über Schauspieler und Szenenbild lässt sich nicht meckern: Die Sets wirken stimmig und nicht billig, mit Hauptdarsteller Dave Davies leidet man.
Mit den Genre-Größen der letzten Jahre wie zum Beispiel ‘Hereditary-Das Vermächtnis’ kann Keith Thomas’ Filmdebüt nicht mithalten. Schade, ‘The Vigil’ ist ein solider Horrorfilm, der leider unter seinen Stilelementen leidet. Mit etwas mehr Feingefühl für die Schockelemente und mehr Fokus auf die unbehagliche Stimmung hätte hier eine gute Konkurrenz für die Grusel-Könige geschaffen werden können.