Mit SONDER katapultieren sich TESSERACT erneut aus dem Äther ihrer Progressive Metal-Gefolgschaft. Nur auf dem vierten Werk in etwas anderer Form: SONDER ist das zugänglichste Album der Djent-Wegbereiter. Endlose Flüsse schwer erklärbarer Sphären führen hin zu freien Flächen. Zeit und Raum für Selbstreflexion. Tesseract bieten dafür den theatralischen Soundtrack philosophischer Poesie: SONDER ist ein Konzept aus dem Bewusstsein für den Detailreichtum eines jeden einzelnen Wesens, der Bedeutungslosigkeit des Selbst und die daraus erwachsene Freiheit. Jede einzelne dieser Erkenntnisse wird musikalisch nachgezeichnet.
So schnappen sich die Briten in ‘King’ Gojira-Riffs, und Engelsstimme Dan Tompkins balanciert völlig angstfrei darüber. In einem aus weiter Ferne hallenden Chor endet das Stück: „They’re taking away the freedom to be just you“, ertönen schwere Zeilen des melancholisch Morbiden. Unfassbar, welche Sprünge Dan in den Lagen seiner vielen Stimmen bewältigt, bis er als brutaler Berserker den Kamm eines rollenden Gebirges reitet. Dieser Sphärenreichtum, der auch in ‘Beneath My Skin’ in ungewisse Abgründe fallen lässt, spült einen aber letztendlich immer wieder ans Licht.
Ewige Entwicklungssprünge, alle in einem Song. Tesseract sind Gefühlswanderer, vorbei an der Berechnung und hin zu himmlischen Hooks, die nur Tompkins so außerirdisch aus der Kehle kicken kann. Brutale Urgewalten wie ‘Smile’ überschattet er mit gottgleicher Gelassenheit. Und inmitten all der TESSERACT-urtypischen Kontraste verweben sich komplexe Rhythmen zu einer widersprüchlichen Symbiose. Lyrik und Musik vereinen und trennen sich auf dramatischen Gipfeln. Gänsehautschauer, Blut in Wallung, jede Faser des Leibs trachtet nach mehr.