Das ist es also, das Album Nummer eins nach ÓTTA und der Erkenntnis, dass Metal-Festivals Lieblings-Isländer keine Metaller sind (und eigentlich auch nie waren). BERDREYMINN erhebt sich behutsam wie Morgennebel aus der Startrille, zitiert gespenstisch Fields Of The Nephilim, bevor sich ‘Sifur-Refur’ dann mit gebrechlichen Emotionen, gepflegter Orgel und großer Riff-Walze richtig in Gang setzt.
Die pulsierende Dynamik ist typisch, auch Aðalbjörn Tryggvasons immer leicht entgleitender Gesangsstil altbekannt, aber, meine Herren: Gänsehaut zaubern können Sólstafir weiterhin perfekt! Stilistisch ist dieses Album noch breiter verstreut als der Vorgänger: ‘Ísafold’ deutet Post Punk an, proggt sich kurz in die Siebziger, und marschiert dann mit stoischem Takt zu großen Riff-Taten. ‘Hula’ mixt Shoegaze mit einer Pianoballade und versucht sich an in Watte verpackter Epik à la Spiritualized.
‘Nárós’ wartet mit einem der sonderbarsten Breaks in einen der rockigeren Refrains des Albums auf. ‘Hvit sæng’ ist eine bezaubernde Nick-Cave-auf-Isländisch-Gespenstergeschichte, die zum Goth Rock-Stampfer mutiert. Und so weiter, virtuos, mutig, voller Wendungen.
Zwei Fragen der Kritik seien jedoch erlaubt: Wo sind die unzweifelhaften Hits? Und warum werden die Songs nach hinten raus immer länger und bekommen den ein oder anderen Durchhänger? BERDREYMINN ist ein Album, in das man sich versenken, aber auch eines, das einen verlieren kann.