Die Eisenbahn als moderne Arche: In dem Film ‚Snowpiercer‘ des südkoeanischen Regisseurs und Drehbuchautors Bong Joon-Ho hat die Menschheit im Kampf gegen die Klimaerwärmung ein wenig mit den Gegenmaßnahmen übertrieben und die Erde stattdessen mit einem experimentellen Mittel in der Atmosphäre in eine neue Eiszeit gestürzt, die alles Leben ausgelöscht hat. Alles Leben? Nein. Die wenigen Überlebenden der Katastrophe fanden Zuflucht im Zug des genialen Ingenieurs Wilford (Ed Harris), der nun seit beinahe 18 Jahren in einem gigantischen Schienennetz um die Erde fährt und dort ein Mikrokosmos eines gesellschaftlichen Kastensystems enstehen ließ, wie wir es heute global ebenfalls auch vorfinden können.
Bewaffnete Männer zählen die Belegschaft der hinteren Zugabteile durch, verteilen schwarze Proteinblöcke als Nahrung und gehen wenig zimperlich mit den Passagieren um: Die rechtlosen Menschen in den hinteren Abteilen des Zuges bilden die soziale Unterschicht, Fenster gibt es keine und aus dem Zug aussteigen können sie auch nicht, da es einerseits keine Türen gibt, der Zug immer in Fahrt ist und man in der Eislandschaft draußen innerhalb kürzester Zeit erfrieren würde. Während die vorderen Abteile in Luxus schwelgen, spielen sich hinten tagtäglich dramatische Szenen ab. Der rebellische Anführer Curtis (Chris Evans) plant daher einen Aufstand: Er will die Wachen der vorderen Abteile überwältigen und sich mithilfe des Sicherheitsexperten Namsoong (Song Kang-Ho), der einst die Türen des Zuges mitgebaut hatte, Zugang zur Maschine im ersten Waggon verschaffen; denn wer die Maschine kontrolliert, kontrolliert auch den Zug. Da die Menschen in den vorderen Abteilen so jedoch um ihre privilegierte Stellung fürchten müssen, schrecken sie nicht vor äußerster Gewalt zurück. Ein verbissener Kampf ums Überleben innerhalb der fahrenden Arche beginnt.
Was im Grunde als interessante Idee zu einer gesellschaftlichen Studie beginnt, verliert nach kurzer Zeit an kreativer Energie und führt so zu einer vorhersehbaren Reise in die vorderen Zugabteile ohne Abwege, bei der Möchtegern-Symbolik und -Tiefgang untergehen und die Charaktere überspitzt und berechenbar sind. Fragen wie „Warum müssen wir ständig fahren?“ und „Mit welcher Energie wird der Zug betrieben?“ kann der Film nicht beantworten – die Botschaft des Films bleibt somit ebenso ziellos wie die Fahrt des Zuges. Wer lediglich nette Action und interessante Ideen zu einer postapokalyptischen Zugeinrichtung sucht, wird dennoch seinen Spaß haben.
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