Nach den eher unglücklichen Umständen im Rahmen der Abschiedstournee lassen Scorpions wieder Musik statt Pressemitteilungen sprechen. Zum Glück: RETURN TO FOREVER ist das beste Scorpions-Alben der letzten zwanzig Jahre. Das liegt auch daran, dass die Band teilweise mit liegen gebliebenem Material aus ihrer Geschichte gearbeitet hat, das eher die originäre DNS der Band trägt als die letzten Werke.
RETURN TO FOREVER fällt geradliniger aus als der Vorgänger STING IN THE TAIL (2010). Nicht nur stilistisch, auch klanglich. Das beginnt bei dem schlicht gehaltenen (aber gehaltvollen) Einstieg ‘Going Out With A Bang’ (wieder eine Ankündigung?) und setzt sich bei der großartigen Festival-Nummer (und Single) ‘We Built This House’ fort. ‘The Scratch’ rockt frech beschwingt, ‘Hard Rocking The Place’ besitzt diese leicht kruden, packenden Gitarrenmomente der späten Siebziger und hätte auch auf ANIMAL MAGNETISM (1980) seinen Platz gefunden.
‘All For One’ ist ein angenehmer Stampfer, ‘Crazy Ride’ offenbart bezüglich der Dynamik einige der besten Momente von RETURN TO FOREVER. ‘Rock’n’Roll Band’ ist trotz des klischeehaften Titels musikalisch eine zügige Hommage an die eigenen achtziger Jahre, und ‘Dancing With The Moonlight’ packt einen so am Kragen, wie man das von Schenkers und Jabs’ Gitarren so liebt. Wenn es um Akustikballaden geht, besitzen die Hannoveraner ein Allheilmittel, das zugegebenermaßen so überraschend kommt wie Silvester, aber immer greift: ‘House Of Cards’, ‘Eye Of The Storm’, ‘Gypsy Life’ und das glänzende ‘Who We Are’ sind Beispiele klassischer Scorpions-Kunst.
Bei insgesamt 19 Liedern (sämtliche Bonus-Tracks der verschiedenen Editionen miteingerechnet) lässt es sich kaum vermeiden, dass auch ein paar Belanglosigkeiten auftauchen: ‘Rock My Car’ ist eine vertonte Klischeebremse, ‘Catch Your Luck And Play’ verkommt trotz hoffnungsvollem Beginn im Chorus zum Schunkler, ‘Rollin’ Home’ hätte Kid Rock auf eine B-Seite verbannt, und ‘The World We Used To Know’ besitzt Sting-Härte (sic!). Bei den Scorpions sticht 2015 nicht alles, aber viel zu viel, als dass man sich wünschen würde, dass diese Legende in näherer Zeit tatsächlich abtritt. Fetter Applaus – und weiter so!
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