Satyricon sind natürlich längst keine reine Black Metal-Band mehr, wie auch immer man „rein“ in diesem Zusammenhang definieren möchte. Vor allem dank dieser Offenheit, die sie auf REBEL EXTRAVAGANZA (1999) erspielt und mit VOLCANO (2002) etabliert hatten, blieben die Entwicklungen der Norweger über die Jahre und Alben hinweg frisch und spannend. DEEP CALLETH UPON DEEP soll nun gar eine „umfassende Neuerfindung und neue Ära für die Band“ darstellen, ließ sich Chefdenker Satyr im Vorfeld zitieren.
Das, so viel sei vorausgeschickt, scheint zu weit gegriffen – zumal schon der Band-betitelte Vorgänger (2013) viele neue Türen aufgestoßen hatte. Vielmehr erscheint das neue, neunte Studioalbum als logische Weiterentwicklung von SATYRICON: bereits dort passierte jede Menge, was dem Hörer auch immer deutlich vor Augen und Ohren geführt wurde. Jetzt hingegen entdecken und erkunden Frost und Satyr die Kraft der Zwischentöne, Details und der un(ter)bewussten Wahrnehmung.
Viele Chöre, Riffs, Rhythmen, Breaks und Melodien verstecken sich im Hintergrund, sind nicht immer sofort zu erfassen und sorgen für Tiefe sowie Langlebigkeit – ohne an Eingängigkeit einzubüßen! Die direkten musikalischen Botschaften, einnehmenden Melodien und atemberaubenden Parts haben Satyricon über die Jahre hinweg zu perfektionieren gelernt. Selbst ein gewisses Rock’n’Roll-Flair hält Einzug, wofür sicher auch der reaktivierte NOW, DIABOLICAL-Mischer Mike Fraser Verantwortung trägt.
So fließt der Opener ‘Midnight Serpent’ zäh wie erkaltete Lava, sägende Gitarren entfalten ihre hypnotische Wirkung, während das Schlagzeug mit wummernder Doublebass einen Kontrapunkt bildet und ein disharmonisches Gitarrensolo an Slayer in Zeitlupe erinnert. ‘Blood Cracks Open The Ground’ fesselt mit vertrackten Rhythmen, während zarte Gesänge ein eiskaltes Riff begleiten. Nicht zum einzigen Mal auf DEEP CALLETH UPON DEEP erinnert ein Refrain an ‘Black Crow On A Tombstone’, allerdings in verspielter Form, wo das „Original“ im besten Sinne stumpf daherkam.
Ähnliches gilt für den Titel-Song, dessen Strophen fast unscheinbar wirken, der Refrain dafür mit singenden Gitarren und choralen Trauergesängen glänzt. Das Schlagzeug poltert eigenwillig und dumpf, was im organischen Sound des Albums allerdings durchaus stimmig ist. ‘The Ghost Of Rome’ entfaltet hymnische Anklänge, während ‘Dissonant’ mit jazzigen Elementen heraussticht. ‘To Your Brethren In The Dark’ schafft Dringlichkeit durch Zurückgenommenheit, klingt finster und atonal, während Satyrs Sprechgesang besonders teuflisch knurrt.
Eine Verneigung vor den Black Metal-Wurzeln steht mit ‘Black Wings And Withering Gloom’ an und lässt Erinnerungen an das unerreichbare ‘Mother North’ wiederaufleben, während schneebedeckte Berge des Nordens besungen werden. Wie bereits das vordergründig schlichte Coverartwork verspricht, sind es die Zwischentöne, die das Album zu einem düsteren Kunstwerk machen.