Isolation, Verlust, Massenmord: Nach den aufreibenden Ereignissen in „Tomb Raider“ ist Lara Croft ein Schatten ihrer Selbst, da ist jede Ablenkung recht – und das Vermächtnis ihres verstorbenen Vaters verspricht die innere Leere der traumatisierten Jung-Archäologin zu füllen: Sein ganzes Leben suchte Richard Croft nach der verlorenen Stadt Kitesch, die der Legende nach das ewige Leben birgt – vergeblich. Und so bricht die Abenteurerin nach Sibirien auf – um sich selbst und die Ehre ihres großen Vorbilds zu retten. Doch der mächtige Trinity-Orden unter Führung des machthungrigen Konstantin verfolgt bereits jeden ihrer Schritte …
Survival light
Auch ihr begleitet Lara auf ihrer Suche, die nach einem kurzen Ausflug ins staubig-sonnige Syrien schließlich ins karge, felsige, meist verschneite Sibirien führt, wo ihr den Rest eurer „Rise of the Tomb Raider“-Zeit zusammen verbringen. Das menschenfeindliche Setting hat Crystal Dynamics natürlich nicht ohne Grund gewählt, denn ein weiteres Mal spielen lockere Survival-Elemente eine große Rolle, die der Entwickler stark aufgestockt hat: Ihr jagt mit Pfeil und Bogen – oder der AK, wenn euch danach ist – alles von Kaninchen bis Hirsch, schießt Nester von den Bäumen, hackt mit der Axt Erz aus dem Gestein und Bäume vom Grund oder sammelt einfach nur friedlich Beeren.
Freilich wird „Rise of the Tomb Raider“ dadurch nicht zur echten Überlebenssimulation, vielmehr dienen erbeutete Ressourcen immer der Action – die im Sequel mehr denn je an erster Stelle steht: Felle verbessern Kleidung und Outfit, aus Erz bastelt ihr Sprengladungen und Schrotflintenmunition, Holz und Fliegenpilz verbinden sich zum Giftpfeil. Gebastelt wird entweder an Feuerstellen – die erneut als Schnellreisepunkte in der riesigen Welt fungieren – oder direkt im Kampf.
So seid ihr stets gut gerüstet – und das müsst ihr sein, denn Trinitys Truppen sind zahlreich, schwer bewaffnet und später gepanzert. Durch die vielen Waffen und Gadgets kämpft ihr auf Wunsch variantenreich – und das hört mit Splittergranaten, Molotow-Cocktails oder praktisch herumstehenden Explosivfässern nicht auf: Spätere Upgrades erlauben perfidere Taktiken, so legt ihr Annäherungsminen oder verstauen gar Giftkapseln in Leichen, sodass der Untersuchende gleich über seinem Kumpel zusammenbricht.
Ungewohnte Zufluchtsorte
Nicht immer jedoch punkten die Locations: Zwar ist Sibirien mit seinen nebeligen Gipfeln, frostigen Wäldern und hochgelegenen Dörfern immer hübsch, doch einzigartige Hingucker wie die Schiffswrackbucht aus „Tomb Raider“ sind eher die Ausnahme. Völlig überrascht da das Geothermale Tal, ein isolierter, ungewohnt fruchtbarer und belebter Ort mit dampfenden Quellen, Wasserrädern und Wildwuchs, an dem Sie zudem Eingeborenen allerlei optionale Gefallen erfüllen. Hier gewinnt „Rise of the Tomb Raider“ optisch und spielerisch einen Hauch „The Elder Scrolls“!
Auch die teils sehr gut versteckten Herausforderungsgräber, die meist abseits der Hauptroute liegen, fallen aus dem Rahmen – in zweierlei Hinsicht. Durch überflutete Badehäuser oder gigantische Grotten optisch anders gestrickt, macht hier die Action Pause und Platz für die gewohnten Knobeleinlagen: Mithilfe neuer Gadgets wie der Hakenaxt lösen Sie Physikrätsel und waghalsige Kletterpartien, bis Ihnen schließlich ein gefundenes Relikt Zusatzfähigkeiten fürs Weiterspiel verleiht. Schade nur, dass die kniffligen Gräber nur allzu kompakt sind: Etwas Old-School-„Tomb Raider“-Gefühl – etwa durch verzweigte Untergrundlabyrinthe – hätte hier nicht geschadet!
Viel für Trophäenjäger
Weitere Exkurse abseits der Hauptroute lohnen sich übrigens ebenfalls: Vom ordinären Beutegut über Forscherrucksäcke bis zu uralten Münzen, die Sie bei Händlern gegen Nützliches eintauschen – nie gab es mehr Collectibles in „Tomb Raider“. Durch Wandgemälde und Schriftrollen lernt Lara Sprachen wie Griechisch (!), mit deren Hilfe Sie versteckte Monolithen entschlüsselt, die Sie zu weiteren Orten führt. Durch diese Verknüpfungen wird „Rise of the Tomb Raider“ beinahe schon zum Mini-„Zelda“!
Fazit
Etwas weniger Krawall und etwas mehr Umgebungsreichtum hätten Laras neuestem Abenteuer gut getan – denn im Dauerfeuer vom verschneiten Sibirien geht etwas Spielbalance verloren. Verabschieden Sie sich aber endgültig von klassischen „Tomb Raider“, zocken Sie ein zu großen Teilen fantastisch inszeniertes Actionspiel, das sich in der Mitte etwas verliert, sich in einem starken Endteil aber wieder fängt und im New Game Plus zur Hochform aufläuft. Denn erst mit allen Items erreichen Sie wirklich alle Orte!
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