Unfassbar, dass YOU ONLY LIVE TWICE schon wieder fünf Jahre alt sein soll. Untätigkeit darf man Peter Tägtgren selbstverständlich nicht unterstellen: 2013 warf er mit Hypocrisy END OF DISCLOSURE ein und sorgte vor Kurzem noch gemeinsam mit Rammsteins Till Lindemann für vertonte Skandälchen.
Nun hat er parallel zur Produktion des neuen Sabaton-Albums Pain neues Leben eingehaucht – und dabei groß gedacht: Seine vor wenigen Jahren aufgekeimte Begeisterung für David Bowie macht sich in allerlei bislang ungehörten Klängen bemerkbar. Seien es der elegische Frauengesang in ‘Natural Born Idiot’, die warmen Klänge vor allem in der Bridge von ‘Absinthe Phoenix Rising’ oder der schwebende Titel-Track ‘Coming Home’ in seinem Miteinander aus Akustikgitarre, Orchesterklängen und sehnsuchtsvollem Gesang (der hier arg Ozzy Osbourne ähnelt) – Tägtgrens Inspiration und Verehrung ist hör- und spürbar.
Dies verträgt sich wunderbar mit der auf dem Vorgänger eingeschlagenen, rockigeren Sound-Schlagseite (noch verstärkt durch die Schlagzeugarbeit von Sohn Sebastian Tägtgren!) und dem wohlbekannten, zackigen Dancefloor-Metal-Unterbau. Denn einen verkünstelten musikalischen Selbstfindungs-Trip brauchen Fans, trotz einiger sehr persönlich wirkender Texte, nicht zu fürchten: Pain bleiben eingängig, ohrwurmorientiert, tanzbar. Speziell im mit Orchesterklängen (und einem aggressiven Joakim Brodén) aufgepumpten Stakkato-Rocker ‘Call Me’ beweist Tägtgren erneut, dass er song-schreiberisch und klangtechnisch den Dreh auf den Punkt raus hat. ‘A Wannabe’ dreht im Zwischenteil gar zum Niveau eines Blockbuster-Soundtracks auf (bleibt davon abgesehen aber leider etwas blass). Erfrischend ist, dass der Schwede immer dann besonders leichtfüßig rockt, wenn er lyrisch direkter vorangeht – etwa in der von Western-Sound geprägten Ego-Ansage ‘Designed To Piss You Off’ oder dem hochprozentigen Sirenengesang ‘Absinthe Phoenix Rising’.
So gedeihen auf der für Experimente sowieso immer offenen Pain-Spielweise nicht nur Hits, sondern Tägtgren gelingen wirkliche Überraschungen und ergreifende Momente. Freilich nicht in entlegenen Bowie-Dimensionen und auch nicht durchgehend, aber in derart hoher Schlagzahl, dass man COMING HOME als eines der spannendsten Alben in der Pain-Diskografie einsortieren muss!
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