Opeth THE LAST WILL AND TESTAMENT

Progressive Metal, Reigning Phoenix/Warner (8 Songs / VÖ: 22.11.)

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Prog ist und bleibt ein paradoxes Genre: Vom Namen her vorausblickend, ist es konservativer als viele andere. So wundert es nicht, dass die „Zurück in die gute alte Zeit“-Nachrichten der letzten Zeit so positiv, ja fast euphorisch aufgenommen wurden. Mike Portnoy ist nach 13 Jahren zurück bei Dream Theater. Und Mikael Åkerfeldt kehrt 13 Jahre nach HERITAGE zu den Growls zurück. Doch Vorsicht: Aus Letzterem ablesen zu wollen, dass die oft despektierlich „Newpeth“ genannte Seventies-Prog-Rock-Version der Schweden jetzt in „Oldpeth“-Prog-Death-Glorie reinkarniert ist, trägt nicht wirklich. Ich habe sicherheitshalber noch mal STILL LIFE, das vor THE LAST WILL AND TESTAMENT letzte Opeth-Konzeptalbum, angehört, und es braucht schon eine gewisse Fantasie oder Obsession mit Åkerfeldts viel gepriesenem Stimmbandgrollen, um hier eindeutig die gleiche Band erkennen zu können. Kurz: THE LAST WILL AND TESTAMENT ist anders als alles, was wir bisher von Opeth kennen, und das ist erst einmal gut so.

Und es ist, wie schon angedeutet, ein Konzeptalbum über das Testament eines kurz nach dem Ersten Weltkrieg verstorbenen Patriarchen, dessen Eröffnung hier Kapitel für Kapitel in etwas sperrig ‘§1’ bis ‘§8’ benannten Songs vertont wird. Los geht das Ganze mit dem drittschlimmsten Introklischee (nach Regen und Meeresrauschen mit Möwen) in Form von Schritten auf Parkett und einer sich öffnenden Tür, doch dann wird schnell klar, wie sich hier Altes, ganz Altes und Neues vermengen: In den Riffs ist erkennbar wieder mehr Stahl verbaut, aber der verspielte Unterbau weist noch klare Parallelen zu IN CAUDA VENENUM auf. Gesanglich ist es ein wilder Mix aus gutturaler Pracht, glockenhellen Kontrapunkten und biegsamen Åkerfeldt-Klargesängen. Gaststar Ian Anderson von Jethro Tull streut immer mal wieder markante Flötentöne ein, und es verdichtet sich der Eindruck, dass hier konstant verdammt viel passiert und Vorhersehbarkeit um jeden Preis vermieden wird.

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Das Episodenhafte auch innerhalb der Songs/Kapitel ist sicher dem zugrunde liegenden Konzept geschuldet und stellt bei aller Bewunderung für die Virtuosität aus meiner Sicht den einen, kleinen Makel dieses Albums dar: Es ergibt sich zusammen mit der leicht gestelzt wirkenden Intonation der Texte ein zu theatralischer, ausschließlich auf lateralen Spannungsaufbau (also die Frage des „Was passiert als nächstes?“) setzender Duktus, der keine wirklich in sich abgeschlossenen Songs zulässt. Gleichzeitig ist es jedoch das schillerndste, facettenreichste Opeth-Album aller Zeiten, was für den 14. Teil einer Diskografie absolut bemerkenswert ist. Ebenso wie die Tatsache, dass es trotz des Konzeptüberbaus mit etwa 50 Minuten das kürzeste Opeth-Werk seit DAMNATION geworden ist. Das atemlose Changieren der Klangfarben erweist sich demnach als probates Mittel gegen die notorische Aufgeblähtheit im Prog-Zirkus, wobei der konventionellste und kürzeste Song (‘§3’) letztlich mit am besten im Ohr hängenbleibt, gefolgt von ‘§4’ mit seinem wundervollen, fast schon orches­tralen Auf- und Abschwellen. Fazit: Opeth gelingt es, Prog wieder progressiv zu denken, als äußerst opulenten Reigen von retro klingenden Motiven in experimentellen Arrangements. Death Metal hingegen schwebt maximal als erinnerte Klangfarbe und Gesangsphrase mit.

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