Ich bitte, Platz zu nehmen im großen Opernsaal der Metal-Emotionen. Nightwish und ihr Kopf Tuomas Holopainen machen es nicht unter Breitbandkino, das verdeutlichen bereits das Intro zum zehnten Album YESTERWYNDE sowie der eigentliche Opener ‘An Ocean Of Strange Islands’. Dieser frisst knapp neuneinhalb Minuten (der Rest des Materials pendelt sich abseits des achteinhalbminütigen Epos ‘Perfume Of The Timeless’ eher zwischen vier und sechs Minuten ein) und beinhaltet eigentlich schon alles, was einen an YESTERWYNDE begeistert und leicht achselzuckend zurücklässt. So schmissig der Chorus konzipiert, so mitreißend das Grund-Riff ist, so abwechslungsreich die Arrangements darum feilschen, in erster Reihe stehen zu dürfen und so atemberaubend die dokumentierte Musikalität ist, so überladen wirkt das Lied nach spätestens vier Minuten. Ein ganz schwerer Brocken, in dessen Epizentrum Floor Jansen stimmlich (wie auch auf dem Rest des Werks) eine perfekte Figur macht.
🛒 YESTERWYNDE bei AmazonDurch den Ausstieg von Marco Hietala steht sie gesanglich jetzt noch mehr im Fokus und löst diese Aufgabe hervorragend, wenngleich nicht jeder Song zündet. Den eher mageren Pink Floyd-/Queen-Kinderchor in ‘The Day Of…’ braucht man nicht, in ‘The Antikythera Mechanism’ hakt ein Übergang, die Akustikballade ‘Sway’ plätschert. Der Rest? Überwiegend gewohnt brillant. Das Fett an YESTERWYNDE ist dennoch merklich vorhanden, und bei dieser Idee springt Holopainen wahrscheinlich im Dreieck: Ein außenstehender Produzent auf Augenhöhe würde Nightwish guttun. Genauso wie die anstehende Ruhepause, in deren Verlauf frische Kräfte und neue Impulse gefunden werden können.
Nightwishs angekündigte Konzertpause mag frustrieren, doch YESTERWYNDE tut dies nicht. Die Band kennt ihre Nische, bringt es aber fertig, innerhalb der typischen Epik die Elemente stets neu zu mischen. Auch das zehnte Album kontrastiert Fragilität mit voranpreschender Härte und lässt Floor Jansens Stimme ebenso viel Raum wie den anderen Musikern. ‘The Day Of…’ und ‘Perfume Of The Timeless’ fühlen sich an, als wären sie schon immer Teil der Setlists gewesen. Annika Eichstädt (5 Punkte)
Wer hoffte, Tuomas Holopainen fände nach dem ausufernden HUMAN. :II: NATURE. zurück zur schnellen Eingängigkeit, wird enttäuscht – alle anderen freuen sich über monumentale, aufwändige und tiefgehende neue Nightwish-Stücke auf YESTERWYNDE, die sich durchaus flotter festsetzen als zuletzt und Floor Jansen in beeindruckend perfekter Form zeigen. Sebastian Kessler (5,5 Punkte)
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