Ein Jahr nach FOR THE FALLEN schon das nächste Album – was bei Benediction und Bolt Thrower utopisch schien, machen deren ehemalige Mitglieder mit Memoriam möglich. So zügig und überraschend wie der Veröffentlichungsrhythmus gestaltet sich auch der THE SILENT VIGIL-Einstieg: ‘Soulless Parasite’ treibt tödlich voran und suhlt sich später in Sludge-Schlamm, ‘Nothing Remains’ häckselt in schräger Cannibal Corpse-Manier auf die Zwölf, und ‘From The Flames’ thrasht Machine Head-würdigen Groove-Druck frei. Mit improvisiertem Hippie-Death Metal-Jam-Charakter blendet ‘The Silent Vigil’ zu Memoriams zweitem Gesicht über: Melodische Leads und doomige Schwere verpassen ‘Bleed The Same’ eine an Bolt Throwers FOR VICTORY-Tage gemahnende Erhabenheit.
So sehr sich Karl Willetts, Frank Healy, Scott Fairfax und Andy Whale gegen die „Nachfolger“-Bezeichnung sträuben – ihre Wurzeln können und wollen sie nicht verhehlen. Folglich machen sich zwischen Galopp und Epik (‘The New Dark Ages’), verschrobenem Riffing (‘Weaponised Fear’) und industriellen, (gesangs-)rhythmischen Prong-Anleihen regelmäßig altbekannte Tugenden breit. Der Spagat zwischen Vertrautem und Neuem funktioniert phasenweise reibungslos, wenngleich THE SILENT VIGIL von strafferen Arrangements – insbesondere die über sechsminütigen Stücke leiden unter Adipositas – und einer voluminöseren, weniger pappigen Produktion profitiert hätte. So steht am Ende ein düsteres, schroffes, durchaus mutiges, aber teils auch unausgegorenes Werk, das seine Reize vorwiegend auf den dritten Blick offenbart.