Ravenna Hunt-Hendrix hat sich noch nie für herkömmliche Song-Strukturen interessiert – der 38-jährigen New Yorkerin geht es um Transzendenz, und die jagt sie mit einem Ansatz aus seriöser Komposition (angelehnt an Neue und Serielle Musik), Kunst und Philosophie. Dass sich die Band anfangs etwas unsympathisch zu Lichtbringern eines neuen, „wertigeren“ Black Metal stilisierte, ist zum Glück vergessen; geblieben ist Hunt-Hendrix’ interdisziplinäre Suche nach Tiefe und Erkenntnis. Das monumentale Doppelalbum 93696 dürfte den vorläufigen Höhenpunkt auf diesem Weg darstellen: Auf 15 Songs über vier Akte (‘Sovereignty’, ‘Hierarchy’, ‘Emancipation’ und ‘Individuation’) peitscht, tritt, umgarnt und beglückt dieses 93696 seine Hörer:innen mit fast übersinnlicher Kraft. Die komplexe Rhythmik, die sich nie nur auf Blastbeats verlässt, die unerwarteten Wendungen, die schiere stilistische Vielfalt – all das kennt man von Liturgy, aber nicht in dieser waghalsigen Schönheit.
🛒 93696 bei AmazonRavennas Hyänengeheul trifft auf Kinder- und Frauenchöre, ein Berg klassischer Instrumente auf Black Metal-Besteck, Psychedelic auf Trap, Rock-Oper auf magisches Ritual – oft in ein und demselben Stück. Was nicht so anstrengend ist, wie es sich liest. Mehr als sonst wurde live auf Tape eingespielt, um den rotzigen Punk-trifft-Klassik-Sound zu erzielen, und Steve Albini als Produzent sowie Seth Manchester als Mixer waren dafür die richtige Wahl. Man kann das esoterischen Quatsch finden – oder aber sich überwältigen lassen.
***
Du willst METAL HAMMER lesen, aber kein Abo abschließen? Kein Problem! Die aktuelle Ausgabe portofrei nach Hause bestellen: www.metal-hammer.de/heftbestellung
***