Der schönste Forumsbeitrag zum Thema „neue Kayo Dot“ verglich die Song-Titel mit Kapitelnamen aus ‘Moby Dick’. Da ist was dran. Wahrscheinlich ist Toby Driver, der Multiinstrumentalist der 2003 aus Maudlin Of The Well hervorgegangenen Kayo Dot, der Herman Melville des Prog: Jemand, dessen Verstand man anzweifelt, bevor man einräumt, dass er ein Genie ist. Der Unterschied: ‘Moby Dick’ schmeißt man beim Lesen ständig gegen die Wand, während BLASPHEMY einen sofort umgarnt. Dunkle Abgründe, luftige Wolkenschlösser, quecksilbrig schillernde Wendungen – jeder Song ist ein Kosmos. Mit Genre-Grenzen halten sich Driver und seine Mitstreiter nicht mehr auf. Sie arbeiten sich kleinteilig von Idee zu Idee, klettern in einem unübersichtlichen Gerüst von Dynamik und Rhythmen herum und lassen die Geschichte bestimmen, wohin der Song geht.
🛒 BLASPHEMY bei AmazonLaut Waschzettel ist es das direkteste, „weltlichste“ Kayo Dot-Album, handelt es doch von Gier und ihren Folgen. Macht nix, die Texte von Jason Byron (Ex-Maudlin Of The Well) lesen sich trotzdem wie esoterisch-allegorische Science-Fiction. Eklektisch bleibt auch der Soundmix. Den höchsten Metallgehalt (wer’s braucht?) hat der Opener ‘Ocean Cumulonimbus’ mit teils growligen Vocals. ‘The Something Opal’ und ‘Vanishing Act In Blinding Gray’ klingen dagegen wie Pop-Musik aus einer besseren Welt, während ‘Midnight Mystic Rise And Fall’ schlicht… nervt. Seltsamster Track: das fast urbane ‘An Eye For A Lie’ mit Vocoder-Einsatz. Fazit: So leicht man in BLASPHEMY reinkommt, so schwer wird der Ausstieg.