Seit dem sechsten Album der Österreicher Karg ist einiges geschehen: DORNENVÖGEL zeigte 2018 nicht nur die Entwicklung des Soloprojekts zur Band, sondern auch deren Rückkehr auf die Bühnen. TRAKTAT lässt sich als Folge daraus lesen (im Februar spielen Karg neue Shows), beschreitet aber auch eigene Wege und kommt mit Ausnahme von Schlagzeuger Paul Färber ohne Gäste aus – vielleicht ein Resultat der Tatsache, dass große Teile des Werks auf Reisen nach einer weiteren schweren depressiven Episode von J.J. entstanden sind. Musikalisch enthält der Abschluss der losen Trilogie keine Überraschungen, sondern birgt dialektal eingeschriene, ausladende Post Black-Epen mit oft kreischend hellen Gitarren, aus denen Verzweiflung und selten ein Lichtblick quillt.
🛒 TRAKTAT bei AmazonDas markante Auf und Ab der Gezeiten (schön erkennbar im Clash von dichtem Geballer und fast progressiven Klängen in ‘Abgrunddialektik’) unterfüttern fragile Einsprecher (‘Irgendjemand wartet immer’), markerschütternde Schreie und Gesänge (‘Jahr ohne Sommer’), aber auch Streicher (‘Stolperkenotaphe’) und atmosphärische Instrumentals (‘Alaska’). All dies evoziert eine seltsam vertraute Stimmung, die es dem Hörer fast schon (zu) leicht macht, sich in der Schwermut wohlig einzuigeln und daheim zu fühlen (man höre das versöhnliche Ende von ‘Grabcholerik’). Große, wenngleich wenig überraschende Kunst.