Rasende Gitarren-Riffs, Blastbeats und stopp – eine genauso schnell mithaltende Violine? Ja, das ist frischer Wind für Hörgewohnheiten, die eine Geige eher im Symphonic Metal verorten würden. Jestress vereinen die fiese Furiosität einer waschechten Klassik-Violine mit blackmetalesk wütendem Metal, der nicht moderner sein könnte. Im hymnenhaften ‘Summits’ offenbart die Kunst des Violinspiels auch seine melancholische Tiefe, sie durchsticht derbe Metal-Riffs mit jagenden Moll-Harmonien. Das Debüt ANTINOMY zeigt sich als in Grautönen geschmückter Blumenstrauß, der durch die fahle Morbidität des Sounds sogar noch an Pracht gewinnt. Kein Wunder, sind hier doch alte Bekannte am Werk: Sänger und Gitarrist Daniel Fellner ist Produzent wie Gitarrist für die Österreicher Seiler & Speer; Bassist Axel One ist solo aktiv und war zuletzt bei We Butter The Bread With Butter, und Drummer Chris Grabner spielt noch bei Artas. Größtes Alleinstellungsmerkmal ist allerdings Antonia-Alexa Georgiew, die nicht nur hier die erste Geige spielt, sondern auch für ‘Jedermann’ bei den Salzburger Festspielen sowie bei Wanda und ehemals bei Russkaja live.
An etablierten Einflüssen wird also nicht gespart. Umso schöner, dass die Wiener das Rad ein Stück weit neu erfinden, Groove und verstörend schöne Brutalitäten der Violine zu einer einzigartigen Braukunst vereinen. Songwriting und Härte sind extrem ausgereift. Tracks wie ‘Refuse To Die’ und ‘Bite My Lip’ überschlagen sich in ihren Tempi, und selbst Georgiew shreddet härter als Kerry King. Orchestral können sie aber auch, wie in ‘Guide Me’. Leuchtende Melodiepunkte führen durch dunkle Wälder, treffen sich in einem ekstatisch geschrienen Refrain, der vor Verfolgungswahn zittert. ‘Moonlight’ ist nur passend der Leuchtturm des Werks – ein furioses Finale, das im Ohr bleibt. Jestress feiern einen starken Einstand, der nach mehr lechzen lässt.
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