Nachdem der Vorgänger vor vier Jahren die Serie erfolgreich neu erfunden hat und zu Recht zahlreiche „Spiel des Jahres“-Trophäen einheimste, muss sich das Spiel nun der Frage stellen, ob das Gameplay sich nicht abgenutzt hat und für einen weiteren Teil ausreicht. Zudem können Freunde der nordischen Mythologie beim Lesen des Titels „Ragnarök“ spekulieren, was in diesem Teil der Reihe geschehen wird. Schaffen es die Entwicklern die Geschichte würdigend weiterzuführen?
Drei Jahre nach den Ereignissen des Vorgängers steht nun Ragnarök vor der Tür. Dieser ist die nordische Sage vom Untergang der Götter. Der letzte Abschnitt des Ragnarök beschreibt eine neue Welt, die nach dem Untergang der Alten entsteht. Somit darf angenommen werden, dass dieser Teil der letzte sein könnte.
Der nun ins freche Teenager-Alter gereifte Sohn von Kratos Atreus befindet sich alterstypisch auf Identitätssuche. Vor allem, weil er nun weiß, welches Schicksal vor ihm liegt. Kratos und Atreus machen sich auf die Suche nach dem Kriegsgott Tyr, um die Prophezeiung, die am Ende des Vorgängers enthüllt wurde, zu entschlüsseln. Es gilt, die neun Reiche zu durchqueren. Eigentlich kein Problem für den Kriegsgott aus Griechenland, doch die nordischen Götter sinnen nach Rache – Kratos hat ihre Kinder getötet.
Ein Fest für Fans der nordischen Sagen
Man merkt es schon: Es ist hilfreich, wenn man den Vorgänger gespielt hat. ‘Ragnarök’ bietet zwar eine Zusammenfassung als zweiminütiges Video, diese ist jedoch lückenhaft und daher nicht ausreichend. Zu den Göttern: Thor, Odin und Freya werden respektvoll behandelt sind zugleich aber auch fiese und äußerst brutale Gestalten, die ihrer Welt Böses angetan haben. Odin als oberster Gott ist ein absoluter Kontrollfreak, Thor ein gewalttätiger Unruhestifter, und Freya eine hasserfüllte Furie.
Neben den Antagonisten gibt es aber auch ein Wiedersehen mit liebgewonnenen alten Bekannten. Die perfekt inszenierten Zwischensequenzen präsentieren diese Charaktere in klasse Dialogen. Dabei ist die deutsche Synchronisation sehr gut gelungen, kommt aber trotzdem nicht an das englische Original heran. Untermalt wird dieses Epos von einem fantastischen Soundtrack – mehrmals sorgt dieser für Gänsehaut.
Und so verliert ihr euch in einer perfekt gemischten Spirale aus epochalen Filmen, Kämpfen und Rätseln. Diese sind lang beziehungsweise kurz genug, um auch Knobel-Phobiker nicht zu nerven.
Das Spiel weiß immer zur rechten Zeit, wann es Abwechslung bringen muss, und kann über die Spielzeit der 30-stündigen Story immer wieder zu überraschen. Wer alles erledigen und sehen will kann gute 60 Stunden einplanen. Dargeboten wird all dies in einem dynamischen One-Shot, das heißt, die Kamera folgt den Protagonisten permanent. Dadurch entsteht eine wunderbare atmosphärische Tiefe. Schauspielerisch bewegt sich alles auf einem ähnlichen Niveau wie in ‘The Last Of Us’ – sehr emotional.
Nur ein kleiner Schnitzer
Wie der Vorgänger hat ‘Ragnarök’ leider ein Problem: Der Mittelteil ist zu gestreckt. Man will die spannende Story vorantreiben und wird durch Umleitungen ausgebremst. Doch auch hier können die unterhaltsamen Dialoge zwischen dem abgehackten Kopf von Mimir und seinen Kumpanen Atreus und Kratos begeistern. Dies ist aber auch der einzige Kritikpunkt und eigentlich nur ein weiterer Beleg für die geniale Story, die man so schnell wie möglich weitererleben will.
Optisch ist das Spiel speziell auf der Playstation 5 eine Augenweide, es gibt viel mehr Farben als im Vorgänger. Und auch spielerisch gibt es in allen Belangen Verbesserungen: Zum einen wurden die unübersichtlichen Menüs des Vorgängers überarbeitet. Zudem gibt es vorbildliche Optionen für Menschen mit Beeinträchtigungen.
Das Spiel bietet frei erkundbare Areale, die zwar nicht alle gleich weitläufig sind, jedoch durchgehend interessant bleiben. Es gibt mehr Bosse und eine erweiterte Vielzahl unterschiedlicher Gegnertypen. Die optionalen Bosse sind zudem schön knackig, hier lässt sich eine schöne Referenz zur ‘Souls’-Reihe ziehen. Um diesen gewachsen zu sein, müsst ihr Ressourcen sammeln und eure Ausrüstung verbessern. Dies ist durchgehend motivierend und spaßig ins Spiel eingebaut.
Fazit
Klar, so neu wie der Reboot von 2018 fühlt sich ‘God Of War: Ragnarök’ nicht an. Das muss es auch gar nicht, denn in allen Belangen wurde mindestens eine Schippe draufgepackt.
Dachte man, dass es nach ‘Elden Ring’ dieses Jahr nicht mehr besser wird, steht nun eine ordentliche Konkurrenz kurz vor Weihnachten in den Regalen. ‘God Of War: Ragnarök’ hat im Vergleich zum japanischen Rollenspiel jedoch zusätzlich noch eine erstklassige Geschichte, welche es definitiv in die künftigen Best Ofs der derzeitigen Konsolengeneration schaffen wird.