Man konnte es nach dem tollen Debüt ahnen: Ghost Brigade sind eine weitere Band aus Finnland, mit der man rechnen muss – der Soundcheck-Sieg kommt dennoch etwas überraschend. Bereits mit ihrem 2007er-Album GUIDED BY FIRE konnte das Sextett aus Jyväskylä in Mittelfinnland den einen oder anderen Kritiker auf seine Seite ziehen – zu mehr als einem Insidertipp hat es aber damals nicht gereicht. Was haben sie nun also anders oder besser gemacht, um so an die Spitze vorzupreschen? Man kann mutmaßen, dass der Soundcheck-Sieg vor allem der musikalischen Öffnung der Band um Sänger Manne Ikonen geschuldet ist. Er und seine Kollegen bewegen sich zwar gefühlsmäßig nach wie vor im musikalischen Dunstkreis von Bands wie Swallow The Sun oder Isis, doch spielt Doom Metal und Postcore bei der Musik eher am Rande eine Rolle.
Sie haben diese Elemente hörbar zugunsten des Songwritings und der Eingängigkeit zurückgenommen. Dabei muss man nun keinesfalls eine Verweichlichung ihrer Musik befürchten: Obwohl der Vergleich mit In Flames hinkt, haben die Jungs dennoch eine leichte Melodic Death Metal-Schlagseite, die durchaus vorsichtige Verweise nach Göteborg erlaubt. Ganz besonders bringt dies der Opener ‘Suffocated’ zutage, der mit dem massiven Anfangs-Riff sofort zeigt, wo es mit der neusten Scheibe hingehen soll. Zudem leben Ghost Brigade anno 2009 sehr viel mehr von den Klargesängen Ikonens, die fast an die Stimme eines Simon Le Bon (Duran Duran) erinnern. Sicher ist dies im METAL HAMMER ein gewagter Vergleich, doch wer ‛Save A Prayer’ von Duran Duran kennt, wird sofort wissen, was gemeint ist – legt einfach den dritten ISOLATION SONGS-Track namens ‘Into The Black Light’ ein. Mannes Stimme wirkt grandios im Zusammenspiel mit den harten Gitarren, den typisch finnischen Gitarrenmelodien und den rauen Growls. Im Moment kommt einem da tatsächlich nur eine weitere finnische Formation in den Sinn, die es ähnlich gut versteht, eine klare Singstimme und deftige Growls so zu vereinen, dass sich sowohl Hartmetaller wie auch Freunde sanfterer und progressiverer Klänge angesprochen fühlen: Amorphis. Der große Pathos, ein guter Schuss Schwermut, die satte Härte und nicht zuletzt die Bandbreite sind der Grund, warum ISOLATION SONGS so Spaß macht und das Debüt GUIDED BY FIRE aussticht. Unverzerrte Gitarren und auch mal ein Cello an der richtigen Stelle können eben Wunder wirken. So sammelt das Sextett von Song zu Song so viele Pluspunkte, dass die magische Fünf-Punkte-Hürde bei so einigen Kollegen gefallen ist.
Zudem kann die 2005 gegründete Band ihre emotionale Musik auch live umsetzen, wie sie kurz nach Release ihrer ersten Platte bereits in der Inferno-Bar in Helsinki unter Beweis stellten. Zwar waren damals nur knapp 40 Leute anwesend, doch haben Ghost Brigade dieses Jahr die Möglichkeit, sehr viel mehr potenzielle Fans zu begeistern: So darf man sich neben den Auftritten von Amorphis, Katatonia, Black Sun Aeon und Opeth nun auch auf diesen Auftritt beim Summer Breeze freuen. Vielleicht schafft es das Sextett damit endgültig vom Insider-Tipp zur festen Größe.
Kommentare der Redaktion
Ghost Brigade hatte ich vorher ja gar nicht auf der Uhr, aber ISOLATION SONGS gefällt. Schön düster, schön rockig, mal ein bisschen episch und immer sehr eigen. Das ist ganz klar der Vorteil der Finnen, denn auf diesem Wege heben sie sich von der Masse ab. Ghost Brigade, ein Name, der ab sofort vermerkt ist.
Thorsten Zahn (5 Punkte)
Ghost Brigade sind gewaltig, aber fragil, atmosphärisch, aber druckvoll, düster, aber melodielastig. In diesem Spinnennetz verfängt man sich leicht und gern. Bezüglich ihrer eigenwillig-künstlerischen Interpretation des Metal stehen sie Opeth in nicht viel mehr nach. ISOLATION SONGS ist ein verdienter Soundchecksieger, weil sich hier eine Band durchgesetzt hat, die ihre eigenen Wege geht, anstatt sich von einer bestimmten Szene treiben zu lassen.
Matthias Weckmann (5 Punkte)
Schon mit ihrem Debüt GUIDED BY FIRE haben die Finnen ihr Interesse an einer Spitzenposition in der Düster-Liga vehement bekundet. ISOLATION SONGS ist, der Titel deutet es bereits an, insgesamt etwas getragener, aber auch durchdachter ausgefallen. Gut zur Vergrößerung der Fan-Schar, für meinen subjektiven Geschmack hätten es noch ein paar kernige Riffs mehr sein können – so wie in ‘Architect Of New Beginnings’. Dennoch: Ein unerwarteter, aber durchweg verdienter Sieger mit einer starken Fünf.
Petra Schurer (5 Punkte)
Es ist schon erstaunlich, wie atmosphärisch dicht die Finnen ihren düsteren Metal darbieten. Das mag manchmal etwas zäh und sperrig wirken und für Selbstmordgefährdete nicht eben der richtige Ansporn sein, um optimistisch in die Zukunft zu schauen, hat aber süchtig machende Melodien und epische Momente. Gefällt mir, auch wenn etwas mehr Abwechslung dem Album gut getan hätte.
Matthias Mineur (4 Punkte)
Ja, schade zwar, war aber zu erwarten: Die Mischung aus genialem Musenkuss und musikalischer Unverfrorenheit, die das hitgeschwängerte Debüt GUIDED BY FIRE auszeichnete, ist bei den Finnen erwachsener Songkunst gewichen. Deutlich mehr als der Vorgänger übt sich ISOLATION SONGS in Post-Metal-Atmosphärik und macht das auch wirklich gut, aber wenigstens ein ‘Rails At The River’ mehr hätten sie uns ruhig schenken dürfen…
Robert Müller (5 Punkte)
Endlich zieht mal wieder eine künstlerisch anspruchsvolle Band aus der zweiten Reihe am Konsens-Metal vorbei auf den Soundcheck-Thron. Großes kommerzielles Potenzial haben Ghost Brigade zwar nicht, dafür aber die Songs, um Metaller aus fast allen Hörerschichten zu überzeugen. ISOLATION SONGS ist eher für die ruhigen Stunden gemacht, entfaltet dann aber eine immense klangliche Breitseite.
Tobias Gerber (6 Punkte)
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