Schroffe Härte, Nationalromantik und ein Hauch Folk im Burzum-Erbe der sirrenden Riffs: Ich gebe zu, dass ich ein etwas gespaltenes Verhältnis zu Drudkh, dem Urgestein des ukrainischen Black Metal, habe. Manchmal klickt es bei mir (AUTUMN AURORA), dann wieder überwiegt die Langeweile. Bei ЇМ ЧАСТО СНИТЬСЯ КАПІЖ (in etwa: Sie träumen häufig vom Tauwetter/Frühling) spüre ich wieder die Magie, die oft zum Greifen nah erschien und dann doch nicht wirkte.
Auf seinem elften Album zeigt Roman Saenko nicht nur konzeptionell seine poetische Seite, mit faszinierenden Ergebnissen. Die fünf Songs basieren auf Werken ukrainischer Dichter: Bohdan-Ihor Antonytsch (mit zwei Texten vertreten), Majk Johansen, Wasyl Bobynśkyj und Pawlo Fylypowytsch waren allesamt Dissidenten im späten Zarenreich und der jungen Sowjetunion; ukrainische Denker und Opfer der stalinistischen Diktatur. Ihre Texte zeigen träumerische, schwelgerische Gefühle, und diese werden auf erstaunlich eindringliche Art von Saenkos Musik aufgegriffen:
Ohne zu viele Worte (und die sind in typischer Drudkh-Manier heiser rausgebrüllt) zelebrieren die länglichen Kompositionen das Gefühl welches bleibt, nachdem ergreifende Gedanken gehört oder gelesen worden sind – ein Nachhall des Ideals und zugleich ein emotionaler Entwurf für einen zu lebenden Traum. Dies ist und bleibt für mich eine der Essenzen des Black Metal. Drudkhs Kargheit der eingesetzten Mittel steht dem auf ЇМ ЧАСТО СНИТЬСЯ КАПІЖ nicht im Weg. Lange nicht mehr hat sich ihre Musik so ukrainisch angefühlt – nicht im rein nationalistischen, politischen Sinn, sondern als Abbild des kulturellen Erbes, welches dieses Land ausmacht. Ich bin überzeugt, das war Roman Saenkos Absicht.