Disillusion AYAM

Post Metal, Prophecy/Soulfood (8 Songs / VÖ: 4.11.)

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Extreme Kunst für extreme Zeiten: Disillusion verstehen es besser als 99 Prozent aller Metal-Bands, die Bipolarität der Gegenwart, das ewige Yin und Yang des Lebens, die großen Fragen unserer Existenz und die schmerzhafte Schönheit des Planeten in tosende, fordernde, wagemutige, entfesselte, wunderschöne Musik zu gießen. Eine Überraschung ist das nicht: Schon 2004 lieferte Mastermind Andy Schmidt mit BACK TO TIMES OF SPLENDOR die vielleicht beste deutsche Metal-Platte aller Zeiten. 18 Jahre (und gerade mal drei Platten) später beschert er diesem Jahrhundertdebüt einen Nachfolger, der mindestens (!) ebenbürtig ist.

Durchwirkt von den großen philosophischen Fragen nach dem Woher und Wohin weben Disillusion einen Post Metal-Teppich, der in seiner schieren Gewaltigkeit, in seiner nackten Emotion unmöglich sofort greifbar ist. Schmidt lässt seine kaskadierenden Songs von melodischem Rock in rasenden Black Metal kippen, von wehmütiger Schwere in transzendente Erhabenheit. Innerhalb weniger Minuten. Kohärent klingt das Ganze dennoch, stimmig und schlüssig. Dafür weiß die Band mittlerweile ohnehin fast schon zu gut, wie man das Spannungsfeld der Extreme, die Dynamiken des Metal-Genres voll ausschöpft.

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Bereits die elf Minuten des Openers ‘Am Abgrund’ fühlen sich an wie eine Reise, wie ein ganzes Album, und sind doch erst der packende, orchestrale, wogende Auftakt in einen reinigenden Sturm. ‘Tormento’ geifert dissonant und unheilvoll, ‘Driftwood’ ist eine kammermusikalische Metal-Ode mit Katatonia im Geiste, ‘Abide The Storm’ eine Auslotung von Härte und Druck – mit einem triumphalen Refrain nicht von dieser Welt. Ganz am Ende des Albums wartet mit ‘The Brook’ noch mal solch ein Moment, den man so schnell nicht vergisst: Gitarrentexturen, die wie ein Fluss strömen, urwüchsig, kraftvoll, dann zurückhaltender Gesang und Piano, Streicher und irisierende Flächen.

Erst nach drei Minuten beginnt die Steigerung in ein abschließendes Crescendo, das noch mal zeigt, warum keine deutsche Band so ist wie Disillusion. Man mag es nicht glauben, doch AYAM lässt das bereits sehr starke THE LIBERATION von 2019 tatsächlich alt aussehen. Greisenhaft alt. Der Soundcheck-Sieg ist keine Überraschung, sondern im Grunde nur eine Formsache. AYAM wird noch lange in unseren Ohren und Herzen nachhallen. Als Metal-Manifest, enthoben der Zeit, und doch Zeitgeist pur.

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