
Als Death Metal seine Blütephase erlebte, waren Cryptoriums Mitglieder noch nicht einmal geboren. Dennoch klingt ihr Debüt wie ein Relikt aus jener Ära: Die Schweden huldigen ihren Vorfahren mit HM-2-Riffs, sinistren Leads, galoppierenden Rhythmen und fiesem Gutturalgesang. Ein ehrenwertes Unterfangen, wenngleich Cryptorium nichts tun, was Entombed, Grave oder Dismember nicht schon besser gemacht hätten. Abgesehen von leichten Modifikationen wie Pigsqueal-artigen Einsprengseln (‘Incarcerated’), verspielten Bassakzenten (‘Obscure Reality’) oder besinnlichen Saitenanschlägen à la Metallica (‘Mournful Dawn’) gilt auf DESCENT INTO LUNACY das Motto: In Skandinavien nichts Neues. Zumal sich das erst Ende 2022 gegründete Trio selbst ausbremst. Einerseits durch eine dünne Produktion, die selbst in den Neunzigern angestaubt gewirkt hätte. Andererseits durch eine Coitus-interruptus-Manie: Cryptorium neigen dazu, ihre spannendsten Grooves (‘Inner Decay’) und Soli (‘A Distant Dream’) mittendrin abrupt abzubrechen. Die Folge: Das Publikum verkriecht sich unbefriedigt und mit heftigen Unterleibsschmerzen unter die Bettdecke. DESCENT INTO LUNACY wirkt dementsprechend weniger wie ein Album, sondern mehr wie ein Demo einer Band, die noch lernen muss, ihre ungestüme Energie in wirkungsvolle eigene Töne zu kanalisieren.
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