
Wie Mastermind und Multiinstrumentalist Justin Greaves vorausschickte, thematisiert das neue Album seiner Band Eskapismus und Ausbruch. Dabei reicht das inhaltliche Spektrum von Realitätsflucht über das Entkommen aus der Tretmühle gesellschaftlicher Konditionierung bis hin zur damit einhergehenden, offenen Kritik am menschheitlichen Kollektiv mit all seinen natur- und umweltzerstörerischen Tendenzen. Keine leichte Kost, aber Klischeebedienung erwartet man sowieso eher aus anderen musikalischen Ecken. Dass sich Greaves in Form von gesprochenen Zitat-Samples, Synthie-Schwaden, salbungsvollen Gitarren-Sounds und -Soli sowie mehrteiligen Song-Suiten des atmosphärischen Handwerkszeugs von Pink Floyd
in einem Post Rock-Kontext bedient, vereinfacht zumindest den musikalischen Einstieg in ein Album für potenzielle Aussteiger. Schwelgerisch schwingt sich das Phoenix-Kollektiv gleich zu Beginn mit dem tollen ‘To You I Give’ in himmlische Chorussphären (die in weiter Ferne das Antlitz von Ghost aufblitzen lassen). Woanders überrascht ‘Madman’ mit
seinen wabernden Achtziger-Carpenter-Keyboard-Effekten und Stimmverzerrer, der eine Mischung aus Dave Gahan und Wayne Hussey evoziert, während auf ‘Rain Black, Reign Heavy’ der Kate Bush-nahe, ätherische Gesang von Vokalistin Belinda Kordic zu betören weiß. Mit 74 Minuten Spielzeit ist GREAT ESCAPE ein durchaus komplexes Werk, welches sich gewiss nicht als Hintergrundbeschallung empfiehlt, sondern volle Aufmerksamkeit erfordert. Aber das tut ein wohl durchdachter Fluchtplan schließlich auch.