Der Weltraum-Kriegsfilm
Die Geschichte von Call Of Duty: Infinite Warfare ist schnell erzählt: Während einer Parade über der Erd-Hauptstadt Genf werden die Streitkräfte der USNA im Jahr 2080 von einem Angriff der „Settlement Defence Forces“ überrascht, die große Teile der Erdflotte aus dem Orbit schießen. Das Flaggschiff, der Träger ”Retribution“ wird schwer getroffen, kann aber den Supersternzerstörer-Träger ”Olympus Mons“, kommandiert vom Oberbösewicht Salen Kotch (Kit Harington, Game Of Thrones) mit einem mutigen Ramm-Manöver zunächst in die Flucht schlagen. Als Commander Nick Reyes muss man dann im Sonnensystem aufräumen und die SDF in die Knie zwingen.
Dankenswerterweise verzichtet Infinity Ward auf eine verschwurbelte Thriller-Erzählung vergangener Tage. Stattdessen konzentriert sich die Kampage auf Kampfeinsätze und die Beziehung der Charaktere untereinander. Dabei ist viel Pathos, Patriotismus und Heldenmut im Spiel, aber hey: Immerhin ist Infinite Warfare auf diese Weise ein echter Weltraum-Kriegsfilm. Durch das Flugzeugträger-Design der Retribution und den Look der Jäger, Bots und Großkampfschiffe erinnert Call Of Duty 2016 an eine Mischung aus Top Gun, Battlestar Galactica und Killzone. Das gefällt!
Interessante Kameraden
Diese Mischung bleibt auch dadurch interessant, dass die Charaktere für Serien-Verhältnisse fein ausgearbeitet werden. Dazu gehören kleine Sticheleien zwischen den Marines, angeführt von Staff Sergeant Usef Omar (David Harewood) und den Piloten der Weltraum-Luftwaffe, der sehr menschliche Kampfroboter „Ethan“, der erst nach und nach von den Soldaten akzeptiert wird und dramatisch-heldenhafte Todesszenen. Man sorgt sich um seine Mitstreiter – eine Call Of Duty-Ausnahme!
Auch das Missionsdesign führt zu mehr Vielfalt: Über den Kommandostand der Retribution können nicht nur die Hauptmissionen, sondern auch zahlreiche Nebeneinsätze ausgewählt werden, bei denen man wahlweise Großkampschiffe infiltriert (inklusive Kämpfe in der Schwerelosigkeit) oder mit dem Weltraumjäger ins Gefecht zieht. Jeder Kampf schaltet neue Boni frei, die wiederum in den Story-Missionen gute Dienste leisten.
Gute Kulisse, bekannter Spielablauf
Die in flüssigen 60 Frames pro Sekunde dargestellte Kulisse überzeugt auf gutem Niveau – vor allem dank der frischen Panoramen, die Einsätze auf dem Saturn-Mond Titan, dem Erd-Mond oder im Asteroidengürtel bieten. Besonders beeindruckend ist der Kampf auf einem Richtung Sonne trudelnden Asteroiden, bei dem sich Tag- und Nachtzyklus alle paar Minuten abwechseln.
Spielerisch baut Infinite Warfare auf Advanced Warfare und Black Ops 3 auf: Es gibt erneut Exoskelette, die Jetpack-Sprünge und Wandläufe ermöglichen. Zudem gibt es allerlei technischen Schnickschnack wie Remote-Hacking-Tools, Drohnen und Energiewaffen, die in dem Weltraum-Setting allerdings stimmiger wirken als zuletzt. Besonders cool sind natürlich die Viper-ähnlichen Raumüberlegenheitsjäger der SATO-Streitkräfte, die vor Einsätzen mit eigenen Waffen-Loadouts und Decals versehen werden können. Eines bleibt jedoch wie immer: Man ballert sich in recht linearen Umgebungen durch riesige Horden von verhältnismäßig hirnlosen Feinden, egal ob in der Luft oder am Boden. Es steht aber eben auch Call Of Duty auf der Packung!
Zombies im Vergnügungspark
Natürlich darf auch der von vielen Spielern geliebte Zombiemodus nicht im Gesamtpaket fehlen! Dieser ist erneut deutlich vom Setting des Hauptspiels entfernt: Eine Gruppe Überlebender ballert sich durch einen Vergnügungspark im Stile der 80er. Insgesamt ist der Ablauf etwas einfacher und übersichtlicher als letztes Jahr, verwirrt dafür aber mit einem eigenen Freischalt-System und PlayStation Plus / Xbox Live-Gold-Zwang für die Splitscreen-Mitspieler.
Stagnation im Multiplayer
So sehr die Kampagne positiv überrascht, so sehr stagniert Infinity Ward beim Mehrspieler-Modus, der über Jahre das wahre Aushängeschild der Serie war. Zwar haben sich die Entwickler mit den neuen Söldner-Gruppen, denen sich der Spieler je nach Soldaten-Rang anschließen kann, um neue Looks und spezifische Waffen-Varianten freizuschalten, immerhin für das Menü etwas neues ausgedacht. Ansonsten muss man die Unterschiede zum letztjährigen Black Ops 3 allerdings mit der Lupe suchen – selbst das Konzept der Helden wurde in nur leicht modifizierter Form aus dem letzten Jahr übernommen.
Zugegeben, es gibt mit “Front“ und “Verteidiger” zwei neue Spielmodi, aber so richtig „neu“ ist hier nichts. Während “Front” quasi eine Deathmatch-Variante mit Basis-Spawn ist, imitiert “Verteidiger” den Brieftauben-Modus aus Battlefield 1 – Spieler müssen eine Drohne finden und Daten hochladen. Spielgefühl und Ablauf sind ansonsten genauso wie immer: Schnell, unkompliziert und actionreich. Nicht missverstehen: Das funktioniert, genau wie in den letzten Jahren, gut! Die Gefechte machen nämlich nach wie vor Laune, zumal neue Gadgets und Killstreaks dazugekommen sind. Dennoch fehlt der große Wow-Effekt eines “Operations”-Modus. Warum ist man nicht mal das Risiko eingegangen und hat einen Dogfight-Modus implementiert, oder wenigstens auf neue Schauplätze gesetzt? Sogar die Karten wirken vielerorts seltsam vertraut. Ein Grund von Black Ops 3 umzusteigen ist der Mehrspieler-Modus für sich alleine derzeit nicht!
Fazit
Zeichen und Wunder! Call Of Duty: Infinity Warfare überzeugt vor allem durch seine schlüssige, actionreiche und erstaunlich charmant erzählte Kampagne, die den Spieler in einer Tour de Force durch das Sonnensytem schickt und in unerbittliche Sci-Fi-Gefechte verstrickt. Der Aufbruch zu den Sternen gelingt durch cooles Design, eine einfache aber effektive Geschichte und hochkarätig besetzte Charaktere. An anderer Stelle muss allerdings dringend mehr passieren: Der Mehrspieler-Modus gerät mehr und mehr zu einer Kopie seiner selbst. Hier sollte Activision definitiv den Fortschritt forcieren, um nicht hinter den eigenen Zukunfts-Ansprüchen zurückzubleiben!
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