So langsam sollte man meinen, dass alle Bands mit ihren Post-COVID-Werken durch sind. Aber nein: Auch die australische Progressive-Formation Caligula’s Horse muss noch ihre Note(n) beisteuern und
hat in bester Genre-Manier der Komplexität der Pandemie ein Album gewidmet. Komplex ist (Genre-gegeben) auch musikalisch zutreffend. Drei Coronajahre haben nichts am Können des Quartetts geändert, kreative Arrangements und atmosphärische Harmonien in kurze wie lange Stücke zu verpacken. CHARCOAL GRACE ist in seiner Tonalität melancholischer und schwermütiger als sein Vorgänger; mit abgefederter Dynamik, aber nicht weniger Epos. Im Wechselspiel von Zartheit und Härte (manchmal innerhalb einzelner Tracks, manchmal in ihrer Gänze) sowie Harmonie und Dissonanz werden verträumte und zerrissene Emotionen in bildhaften Metaphern beschrieben.
Den Kern des Albums stellt ein vierteiliges Song-Puzzle dar, welches zwar das musikalische Grundthema hält, es aber in vier unterschiedlichen Richtungen verarbeitet. So bleiben das kurze Akustikstück ‘III. Vigil’ und das bedrohliche ‘IV. Gives Me Hell’ zwar im Gedächtnis, insgesamt beeindrucken aber vor allem die mächtigen und omnipotenten ‘The Whole World Breaths Me’ und ‘Mute’, nicht zuletzt aufgrund ihrer Überlänge von zehn und zwölf Minuten. Caligula’s Horse verstehen es, komplizierte Prog-Strukturen federleicht und zugänglich klingen zu lassen, sodass auch ihr sechstes Studioalbum nicht nur Freunde unter Genre-Kennern finden wird.
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