Bullet For My Valentine haben es tatsächlich geschafft, einen würdigen Nachfolger für ihre Erfolgsscheibe THE POISON (2005) hinzulegen: SCREAM AIM FIRE ist ein aufregendes, griffiges, mitreißendes Album geworden, mit dem die Waliser ihren Pfad nicht verlassen, sondern stramm weiter marschieren.
Das mag weder überraschend noch originell sein – funktioniert aber. Die Neue unterscheidet sich nur in der Mischung der Elemente, nicht aber grundsätzlich vom Debüt. Es wurden „ einfach“ sämtliche Stilmittel verfeinert: Die harten Teile klingen härter, die melodischen melodischer. Wenn es mal zur Sache geht, agieren Bullet For My Valentine thrashiger und rücken damit ein Stück in Richtung Trivium (‘Waking The Demon’).
Ein schwermetallisches und im Vergleich zum Debüt unzugängliches Album, wie im Vorfeld zu vermuten war, ist SCREAM AIM FIRE jedoch nicht geworden – eher im Gegenteil. So haut die Band ein paar Refrains und Melodien raus, die im besten Sinne die Attribute „eingängig“ und „groß“ verdienen. ‘Disappear’ zum Beispiel bietet einen Mittelteil, der für Singalongs im Stadion gemacht zu sein scheint – berechnend, aber effektiv.
Überhaupt punkten Bullet For My Valentine nicht nur mit funktionierenden Stilmitteln (Breakdowns, Harmonien, Mitgröl-Gelegenheiten und so weiter), sondern auch mit den Songs an sich.
Damit steht diese Band im Vergleich zu vielen modernen Metal-Truppen an der Stelle, wo Metallica Mitte der Achtziger relativ zum Thrash-Mittelfeld standen, nämlich weiter vorne. Bullet For My Valentine-Fans bekommen genau das, was sie sich wünschen, zum Beispiel so viele zweistimmige Iron Maiden-Licks, als würden die Gitarristen sich sogar „Guten Morgen“ in Terzen wünschen. Gesang und Gebrüll wechseln sich ab, ohne in das ausgelutschte Strophe-böse-Chorus-Zucker-Schema zu verfallen, und die Hooklines stimmen.
Insgesamt klingen Bullet For My Valentine zwar modern, aber nicht nach Metalcore- oder NWoAHM-Einerlei, sondern viel klassischer. Selbst wenn die alte Garde wieder über vermeintliche Hype-Bands und böse Trends rumheult: Bullet For My Valentine bieten gesund ins Jahr 2008 geretteten Achtziger-Metal in jung. Himmel, man höre nur den Clean-Sound und vergleiche ihn mit Testament oder Metallica!
Zu den Höhepunkten zählt das Titelstück mit Hammer-Refrain, das eingängige ‘Hearts Burst Into Fire’, ‘Deliver Us From Evil’ als ‘Tears Don’t Fall’-Nachfolger oder ‘Take It Out On Me’ mit seinem Annihilator-Riffing, schönen Gesangslinien und einem unfassbar melodischen Mittelteil.
Während die Thrash-Parts öfters mal gewöhnlich scheppern, punkten die netteren Sequenzen, etwa die Ballade ‘Say Goodnight’ und das richtiggehend poppige ‘Forever And Always’ zum Schluss, dessen „Oh-oh“ -Einlagen die weibliche Zielgruppe begeistern werden (und die schwer an ‘I’ll Be There For You’ von Bon Jovi erinnern).
An sieben Punkten rutscht die Scheibe jedoch vorbei, weil nicht jeder Song knallt und keiner überrascht. Ansonsten ist SCREAM AIM FIRE schlicht gut.
Kommentare der Redaktion
Nach den ewigen Ankündigungen, wie „Bay Area“ SCREAM AIM FIRE werden solle, bin ich etwas enttäuscht. Denn gerade die Verbindung von Triolen-E-Riffs und riesigen Refrains fand ich beim Debüt wirklich großartig. Jetzt ist die Härte immer wieder gegen Biederkeit der Marke ‘Deliver Us From Evil’ getauscht und die Hit-Dichte reduziert. Trotzdem ein gutes Album, das den hochgeschraubten Erwartungen aber nur bedingt gerecht wird.
Tobias Gerber (5 Punkte)
Bay Area-Thrash-Riffs mit Iron Maiden-Melodien und flotter Taktstruktur sind auf SCREAM AIM FIRE Trumpf. Metal-Götter wie Metallica und Maiden als fortwährende Inspirationsquelle zu haben kann niemals verkehrt sein. Vorausgesetzt, man ist in der Lage dieses gut umzusetzen. Und das sind Bullet For My Valentine ohne Zweifel. Zwar wird er ganze Laden zum Ende hin leicht sehr kitschig und ein Überhit der Marke ‘Tears Don’t Fall’ ist auch nicht dabei, aber Beifall hat sich diese Scheibe allemal verdient.
Anzo Sadoni (5 Punkte)
Eine schöne, ausgewogene Scheibe mit Prioritäten beim traditionellen
Metal, die aber auch zahlreiche melodische Momente aufweist. In den härteren Passagen schrecken Bullet For My Valentine auch nicht vor Zitaten aus dem schwedischen Brachial-Metal zurückschreckt. Cool!
Andreas Schöwe (5 Punkte)
Nachdem man als Support der ganz Großen ausgiebig Gelegenheit hatte, Stadion-Luft zu schnuppern, kommt nun die passende Begleitplatte zu ebensolchen Arena-Ambitionen. Stromlinienförmiger als das im Vergleich noch mit mehr Ecken und Kanten versehne Debüt, begeben sich Bullet For My Valentine hier auf Hitkurs. Und nehmen dabei gern in Kauf, die Prügel-Puristen noch stärker zu verprellen.
Frank Thießies (6 Punkte)
Klar haben Bullet For My Valentine noch ihre großen Momente, in denen Thrash und Pop eine brachial-schöne Allianz eingehen. Vom Schmiss des Debüts ist SCREAM AIM FIRE aber meilenweit entfernt. Wenn sich Newcomer wie die Waliser (oder auch Trivium) an die Achtziger-Thrash-Ikonen anbiedern müssen/wollen, um in der Szene Respekt zu erlangen, stimmt was nicht – sowohl mit der Band wie mit der Szene.
Matthias Weckmann (4 Punkte)
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