Halbe Sachen gibt es bei Paul Bruce Dickinson nicht: Wenn der Iron Maiden-Frontmann etwas angeht, dann richtig. Entsprechend ambitioniert fällt das erste Solowerk nach 19 Jahren (TYRANNY OF SOULS, 2005) aus. Irgendwas mit Konzept, Dr. Strange, Dr. Necropolis, Reinheit des Schöpfungsakts und Professor Lazarus. Ach ja, und einen Comic gibt es auch. Klingt etwas verwirrend, aber THE MANDRAKE PROJECT wird nicht nur von einem wieder einmal unvergleichlich guten Sänger, dem der narrative Ansatz dieser Scheibe sehr entgegenkommt, zusammengehalten, sondern auch von einem stilistisch sehr freizügigen Ansatz. THE MANDRAKE PROJECT ist das vielseitigste Werk in der Solokarriere des 65-jährigen Briten und besticht in jedem der von ihm und Co-Komponist Roy Z gewählten Genres mit ausgeklügeltem Songwriting, hoher Musikalität und gewitzten Ideen. Glänzte die Auskopplung ‘Afterglow Of Ragnarok’ (gleichzeitig Opener) noch mit Savatage-Anleihen, offeriert ‘Many Doors To Hell’ den süffigen Hard Rock-Charme von Deep Purple.
🛒 THE MANDRAKE PROJECT bei AmazonDas Grundthema von ‘Rain On The Graves’ könnte auch von einem jüngeren Metallica-Werk stammen, ‘Resurrection Men’ grüßt im Mittelteil Tony Iommi, bevor es bei ‘Fingers In The Wound’ und ‘Face In The Mirror’ luftig-balladesk wird und mit ‘Eternity Has Failed’ einen Rückgriff in die Maiden-Historie gibt. Der knapp zehnminütige Düsterrausschmeißer ‘Sonata (Immortal Beloved)’ beendet ein Album mit unglaublicher Spannweite und aufsehenerregenden Liedern, die dem musikalischen Mythos des Protagonisten absolut gerecht werden. Grande!
Ambition vor Anbiederung: Bruce Dickinson, unverändert einer der umtriebigsten und besten Sänger unserer Welt, mag solo kompaktere Songs schreiben als Iron Maiden dieser Tage; allerdings packt er so viel rein, dass THE MANDRAKE PROJECT einen zunächst vor den Kopf stoßen kann. Doch mit den ersten Ohrwürmern als Anker (‘Rain On The Graves’, ‘Fingers In The Wounds’) erschließt sich bald das einzigartige Gesamtwerk zwischen Heavy-, Prog Metal und Rock-Musical. Sebastian Kessler (6 Punkte)
Wo Dickinsons leicht veränderte Stimme beim letzten Maiden-Album noch etwas Zeit gebraucht hat, um sich zu entfalten, passt sie hier auf Anhieb zur Musik. Ebenso schnell wird klar, dass genau wie die Stimme auch das Songwriting der beiden Kreativen hinter den Soloausflügen über die Zeit reift wie guter Wein. Mit der genau richtigen Balance aus kraftvoll-epischen Stücken sowie ungewohnt hart klingendem Metal liefert Dickinson hiermit eines seiner bisher stärksten Werke ab. Simon Ludwig (6 Punkte)
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