Blind Guardian BEYOND THE RED MIRROR

Progressive Metal, Nuclear Blast/Warner 10 Songs / VÖ: 30.1.

6.0/ 7
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Muss extra erwähnt werden, dass Blind Guardian erneut so dreist waren, nicht TALES FROM THE ­TWILIGHT WORLD neu aufzulegen? Steht zu befürchten – von daher zunächst warnende Worte an die Ewiggestrigen: Ihr werdet BEYOND THE RED MIRROR nicht verstehen. Wer schon NIGHTFALL IN MIDDLE-EARTH als zu progressiv empfand, ist angesichts der Entwicklungen der Krefelder ohnehin längst auf der Strecke geblieben. Tatsächlich werden selbst aufgeschlossene Anhänger mehr als einmal hinhorchen müssen: Was Blind Guardian hier auffahren, gab es dergestalt noch nicht zu hören. Die Songs auf BEYOND THE RED MIRROR sind so tief wie breit. Tief, wegen der unzähligen, längst nicht mehr bewusst zu erfassenden Spuren aus Chören, Orches­ter, Gitarren, wilden Rhythmusgebilden und dem Gesang von Hansi Kürsch, der tatsächlich mehr denn je als akustischer Fackelträger durch das Dickicht aus Klängen führt. Breit, weil Blind Guardian fast immer auf klassische Song-Strukturen verzichten. Strophe, Refrain, Strophe? ­Gefühlt eher Chor, Strophe A, Strophe B, Refrain, Solo, Strophe C, Strophe A, Chor, Refrain. Gut, Ähnliches mag der Fan seit A NIGHT AT THE OPERA (2002) gewohnt sein. Aber kaum in diesen ­Dimensionen. Den Einstieg erschwerend kommt hinzu, dass die ganz, ganz, ganz großen Refrains auf BEYOND THE RED MIRROR selten sind. ‘Prophecies’ und ‘The Holy Grail’ bilden mit ihren pathetisch-epischen zentralen Hooks eher Ausnahmen. Meistens sind die überlebensgroßen Momente in den Songs verstreut; der Chorus mag zur Orientierung dienen, ihre wirklichen Höhepunkte haben Stücke wie ‘Sacred Mind’, ‘Grand Parade’, ‘At The Edge Of Time’, ja, selbst die Single ‘Twilight Of The Gods’ aber an anderer Stelle. Das ist mutig, weil es fordernd ist; weil es nicht erlaubt, das Album nebenher zu hören, sondern dazu zwingt, tiefer einzutauchen. Und wer sich auf diese Reise begibt, kommt so schnell nicht mehr heraus. ‘The Ninth Wave’ ist ein psychotischer, harter Trip, dessen Miteinander aus Chören, Samples und scharfen Riffs fasziniert; ‘The Holy Grail’ wirft den Hörer in wilde Schlachten­getümmel voller ­Gewalt und Heldentum; ‘The Grand Parade’ erinnert mit himmlischen Chören an die epischsten Blind Guardian-Momente der letzten Alben; die düstere Piano-Ballade ‘Miracle Machine’ lässt einen verzaubert und verzweifelt zurück. Aus vielen wunderschönen Ideen, Melodien und Momenten haben Blind Guardian mit BEYOND THE RED ­MIRROR ein zwar nicht unmittelbar zugängliches, dafür jedoch vielschichtiges und faszinierendes Metal-Kunstwerk erschaffen. Und wenn sich die vereinzelten dünn-komprimiert klingenden Stellen als Manko der Vorab-Soundfiles entpuppen sollten, darf sogar noch ein Punkt bei „Sound“ addiert werden

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