Das Intro: Judas Priest. Der Song: Iron Maiden, blubbernder Bass inklusive. In den ersten vier Minuten und 44 Sekunden fragt man sich, ob eine digitalisierte Fehlpressung auf dem Rechner gelandet ist. Man wusste ja, dass Audrey Horne trotz ihrer modernen, leicht alternativen Ausrichtung immer schon die Ikonen der Rock- und Metal-Szene zum Vorbild hatten – nur hörte man das noch nie so stark wie auf YOUNGBLOOD. Aus heutiger Sicht deuteten die ersten drei Alben NO HAY BANDA (2005), LE FOL (2008) und AUDREY HORNE (2010) nur an, worauf die Norweger eigentlich hinaus wollen: nämlich das Ortsschild namens „Classic Rock“ passieren.
Okay, das möchten viele. Aber kaum jemandem ist das in der Vergangenheit so schlüssig und unwiderstehlich leger gelungen wie Audrey Horne. Das spielerische Element, die Leichtigkeit, mit der das Quintett durch die sechziger, siebziger und achtziger Jahre düst und dabei noch aufsehenerregende Melodielinien im Gepäck hat, ist außergewöhnlich. Der bereits erwähnte Opener ‘Redemption Blues’ stellt somit nur den Startschuss für eine äußerst angenehme Reise in die Vergangenheit dar. In 44 Minuten werden dabei sowohl Thin Lizzy (‘Straight Into Your Grave’), D-A-D (‘There Goes A Lady’), Siebziger-Priest (‘Show And Tell’), Kiss (‘Cards With The Devil’) und die Orientnote von Led Zeppelin (‘The Open Sea’) passiert. Zudem orgelt es an allen Ecken und Enden. Für solch einen klassischen Bausatz bedarf es einer luftig-erdigen, aber trotzdem druckvollen Produktion: Auch das bietet YOUNGBLOOD.
Das Material wirkt lebendig, bietet viele Freiräume und ist trotzdem hart. Bei dieser Geschmackssicherheit fragt man sich allerdings, wie ein derart grässliches Cover die innerbetrieblichen Kontrollinstanzen passieren konnte. Dafür erntest du nicht mal im Kunstunterricht der Anonymen Kurzsichtigen Applaus. Aber gut, das Auge hört ja nicht mit. Und Neues wird man außer ein paar netten Gimmicks (Kastagnetten, Flamenco-Klatschen) auf YOUNGBLOOD auch nicht entdecken.
Überraschungen sind bei dieser Ausrichtung von vornherein ausgeschlossen. Freunde des Hartgesottenen könnten Audrey Horne außerdem ankreiden, in der aktuellen Version zu faserig und wenig zwingend zu wirken. Alle anderen freuen sich jedoch über eine Scheibe, die locker und luftig mit dem Erbe der Legenden spielt. Und das gelingt YOUNGBLOOD fantastisch. Es ist risikoreich, gleich im Januar damit zu spielen, aber: Audrey Horne dürfte bei Rockfans zumindest zum erweiterten Kandidatenkreis gehören, wenn es darum geht, die Top Ten 2013 zu erstellen.
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