Rammstein: Skandale und Lektionen

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Für das kommende Album drehte Jörn Heitmann (Katapult Filmproduktion, unter anderem die Clips zu ‘Sonne’, ‘Mutter’, ‘Amerika’, ‘Ausländer’ und weitere) zwei Videos mit Rammstein. Nicht darunter ist der bereits veröffentlichte Titel-Track, den der Filmemacher in höchsten Tönen lobt und nur zu gerne selbst umgesetzt hätte („Ich liebe das Lied und halte es für das stärkste der ganzen Platte!„). Noch immer wartet er außerdem darauf, einmal ein richtig böses, düsteres und derbes Lied der Berliner zu bebildern.

„Ich will mich aber nicht beschweren“, lacht er. „Mit Rammstein zu drehen, ist immer etwas Besonderes für mich, da herrscht große gegenseitige Zuneigung.“ Heit­manns neue Videos schlagen ihm zufolge erneut eine andere Richtung ein und dürften dem Publikum Spaß bereiten. Er beschreibt beide als eher lustig und grotesk – „nicht so schwer, wie die Zeit gerade ist“, seufzt er, und fügt hinzu: „Ich finde es wichtig, mal wieder zu zeigen, wie beknackt die Menschheit unterwegs ist. Das liebe ich an Rammstein: Ich mag das Böse, aber auch den Finger in der Wunde. Sie zeigen, wie bescheuert die Welt ist, drehen dabei aber den Spiegel um, zeigen den Leuten ihr wahres Gesicht. Viele reagieren darauf: ‚Oh Gott, Rammstein – was denken die sich eigentlich dabei?‘ Dann bleibt es ihnen im Hals stecken und sie merken: ‚Das sind ja wir.‘ Rammstein zeigen sehr direkt auf, wie die Welt aussieht.“

Missverständnisse und Fehlinterpretationen

Weshalb es über die Rolle von Rammsteins Kunst noch immer derart viele Missverständnisse und (zum Teil wohl schlicht gewollte) Fehlinterpretationen gibt, bleibt fraglich – schließlich werden auch Horror-Regisseure selten als kranke Sadisten missverstanden oder Schriftsteller aufgrund gewalttätiger Inhalte an den Pranger gestellt. Der Inszenator weist erneut darauf hin, dass die Band die von der Öffentlichkeit nur zu gerne aufgegriffenen Schockmomente und vermeintlichen Grenzüberschreitungen nicht um ihrer selbst willen neu konstruiert, sondern mit ihrer Kunst vielmehr auf bereits in der Welt existente Missstände hinweist.

„Rammstein provozieren nicht Skandale, sondern machen die in der Welt bestehenden Skandale auf unterhaltsame Art sichtbar“, bringt es Heitmann auf den Punkt, und führt als Beispiel ein Bild aus seinem ‘Ausländer’-Video an, bei dem Lindemann als Missionar ein eingeborenes Mädchen auf dem Schoss hat und sich darüber kaputtlacht. „Es ist nicht widerlich, dass er das macht, sondern es ist widerlich, dass die katholische Kirche das so macht. Wir zeigen es, damit sich die Leute das ansehen und ihnen bewusst wird, wie beknackt diese Welt ist. Ich verstehe alle, die das für skandalös halten, aber man muss sich mal überlegen, warum dieses Gefühl ausgelöst wird.

Ängste wecken

Ich beobachte das auch bei mir selbst – bestimmte Text-Passagen, Tills Sprache und sein Sprachduktus bewirken das. Das macht etwas mit uns, weckt Ängste und Ressentiments. Insofern mache ich gerne Skandalvideos, um es den Leuten um die Ohren zu hauen: Das bist du und das bin ich, wir sind das! Man kann nur wecken, was einen triggert: Beobachte es, schau es dir an – wer bist du? Wenn diese Lektion nicht da ist, ist jeder Film hinfällig.“

Weitere Hintergründe zu den Videoproduktionen, wie Stahlzeit als Coverband beeinflusst werden und auf welche Weise Duo Jatekok mit Rammstein verbunden sind, lest ihr in der METAL HAMMER-Maiausgabe.

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