Während sich die Hamburger Reeperbahn zur grenzdebilen Lena-Party rüstet, lädt das Grünspan unter dem Motto „The Kids Will Unite And Bring You Fucking Down“ zur munteren Hardcore-Gegenveranstaltung. Anführer des infernalen Triumvirats: Schwedens Hartkern-Legende Raised Fist, deren Keifmaschine Alle Hagmann den Hintergrund der Tour so umschreibt: „Die kommende Tour ist vollkommen den mutigen und couragierten Menschen gewidmet, die momentan ihr Leben riskieren, um Diktatoren von ihren Thronen zu stürzen. Es ist peinlich zu verfolgen, wie die europäischen Regierungen sich davor drücken, Stellung zu beziehen. Tyrannen, Unterdrücker… The kids will unite and bring you fucking down!“
Viele Kids sind im Grünspan allerdings nicht am Start – das Publikum ist im Schnitt doch deutlich älter als beispielsweise beim jüngsten Comeback Kid-Massaker. Ein paar energiestrotzende Buben (genauer gesagt: drei) sind dann aber doch mit Karate-Dance-Leidenschaft am Start, als der Opening Act Hundredth gegen halb acht den Reigen eröffnet. Hundredth?! Ganz ehrlich – nie gehört. Und das ist, so zeigen die fünf Amis aus Myrtle Beach bei ihrem knackigen Gig, ein fatales Versäumnis: Mit einer grandiosen Mischung aus dem Besten von Parkway Drive, It Prevails oder The Ghost Inside heizen sie den drei textsicheren Jünglingen und dem in sicherer Entfernung stehenden Rest des Publikums gewaltig ein. Eine erstaunlich gute Vor-Band. Album: WHEN WILL WE SURRENDER. Gekauft. Volltreffer.
Ebenfalls nicht von schlechten Eltern sind Confession, die neue Band des rastlosen australischen Wander-Shouters Michael Crafter (I Killed The Prom Queen, Carpathian, Bury Your Dead), die als Zweite die Breakbeats auspacken und dank der growlenden Stimmwucht von Crafter und den morbiden Riffs sofort Nacken und Gedärm zum Rotieren bringen – auch wenn sich leider immer noch kaum jemand vor die Bühne traut. Davon unbeeindruckt metzeln sich Confession weiter durch ihr knappes Set, fordern die Menge zum positiven Denken auf („Get angry and hurt somebody!“) und laden beim Finale zum dazu passenden Limp Bizkit „Break Stuff“-Cover ein paar ihrer Tross-Homies auf die Bühne.
Um kurz vor neun dann preschen Raised Fist mit dem SOUND OF THE REPUBLIC-Kracher ‘Perfectly Broken’ und dem kakophonischen Hörkanal-Massaker ‘Running Man’ auf die Bühne und bringen das Publikum endlich auf Moshpit-Touren. Hagmann keift wie eine Kreissäge und hüpft von einer Seite der Bühne zur anderen: Das ist Leidenschaft, Power, Hingabe – DEDICATION eben, von dem die Schweden heute aber leider keinen Song spielen. Ansonsten gibt’s einen munteren Querschnitt durch über 15 Jahre Band-Geschichte, der allerdings nach nur zwölf Songs und für einen Headliner mehr als kläglichen 45 Minuten schlagartig vorbei ist. Gerade am letzten Abend der Tour darf man mehr erwarten, zumal das Set in anderen Städten deutlich länger war. Und da man ja weiß, dass Wochenend-Konzerte in Reeperbahn-Clubs traditionell schon um zehn Uhr vorbei sein müssen, hätte man einfach ein bisschen früher anfangen können. So muss der Konzertgänger beim Verlassen des Venues um 21:45 Uhr verdutzt feststellen, dass es draußen tatsächlich noch hell ist. Dann eben schnell zur Metal-Kneipe des Vertrauens – wo natürlich gerade Raised Fist läuft. Wenigstens das klappt.
Setlist Raised Fist:
Perfectly Broken
Running Man
Pretext
Sound of the Republic
Wounds
Friends & Traitors
Tribute
Some of These Times
Killing It
Words And Phrases
—–
You Ignore Them All
Breaking Me Up