Mit Pinkelpausen ist das ja so eine Sache. Bei Depeche Mode beispielsweise weiß man, dass man bei ihren Konzerten traditionell zwischen Song acht und zwölf schön strullern gehen kann. Zeit für die Ausschussware, buchstäblich. Bei Pure Reason Revolution – ihren geistigen Ziehkindern – geht das nicht. Die haben mit „Fight Fire“ nämlich nur einen schlechten Song, und der ist glücklicherweise auch einer ihrer kürzesten. Also schluckt man als München-Besucher vorher im Hofbräuhaus besser nicht allzu viel und lässt sich stattdessen von einer Band berauschen, die bei ihrem Gig in München den Vorschusslorbeeren mehr als nur gerecht wird.
Wie schon auf ihren Alben beeindrucken die Briten live mit einer Leichtigkeit, mit der sie sich eine traumhafte Melodie nach der anderen aus den Ärmeln schütteln. Pure Reason Revolution bringen es fertig, selbst die komplexesten Songs wie locker-flockige Popmusik im positivsten Sinne des Wortes klingen zu lassen. Mit Chloe Alper, Jon Courtney und Jamie Willcox stehen zudem drei hervorragende SängerInnen an der Front – da sitzt jeder Ton, und jede Note fügt sich in ein funkelndes Gesamtkunstwerk ein. Konsequenterweise lässt die Band einfach die Musik sprechen und verzichtet auf gängige Show-Effekte. Mit Rock oder Metal im reinen Sinne hat das nur wenig zu tun – die vier Revolutionäre wirken eher wie verschrobene Architekturstudenten, die statt Wolkenkratzer große Prog-Kunst entwerfen. Allerdings kommen sie nie verkopft oder abgehoben rüber, was sie nach getaner Arbeit auch beim lockeren Plausch am Merchandising-Stand beweisen.
Wenn es an diesem Konzert überhaupt etwas zum Aussetzen gibt, dann die viel zu kurze Spielzeit von 80 Minuten – wer nach drei Alben schon so viele Perlen in der Schatzkiste hat, sollte seine Gigs schon etwas großzügiger bemessen. Ansonsten bleibt es bei der uneingeschränkten Empfehlung, Pure Reason Revolution beim nächsten Mal auf keinen Fall zu verpassen, Pinkelpause hin oder her.
Setlist:
1. Blitzkrieg/Disconnect
2. Les Malheurs
3. Black Mourning
4. Valour
5. Deus Ex Machina
6. Last Man Last Round
7. Patriarch
8. Fight Fire
9. The Twyncyn/Trembling Willows
10. AVO
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11. Bullitts Dominae
12. The Bright Ambassadors of Morning