Da ist eher das Gegenteil der Fall. Doch wen wundert das schon: Beinahe mit der Energie eines musikalischen Erstschlags gesegnet, holt der aktuelle Silberling des finnischen Quintetts zum stilistischen Befreiungsschlag aus. Damit katapultiert sich die Band über die Umlaufbahn der ungeliebten Referenzen wie HIM oder die ehemaligen Brötchengebern des Sängers hinaus.
„Genau so sah auch unsere persönliche Zielvorgabe aus“, nickt Ville. „Bereits bei den letzten Sommer-Festivals war allen klar, dass in Zukunft kein Nährboden mehr produziert wird, der Poisonblack theoretisch in diese trendige ‘Videosender-Gothik-Schublade’ verfrachten könnte. Wir wollten einfach frei von der Seele weg losrocken und ein Album erschaffen, dessen Songs uns – vor allem auf der Bühne – jede Menge Spaß bereiten.“
In dieselbe Kerbe schlägt übrigens auch das recht ungewöhnliche Cover-Motiv, bei dem Haus- und Hofkünstler Vesa Ranta – auch bekannt als ehemaliger Sentenced-Schlagzeuger – seine Finger ausnahmsweise nicht mit im Spiel hatte. „Einen noch klischeehafteren Blickfang muss man sicherlich erst noch erfinden. Aber ich habe mir gedacht: Bevor meine Karriere zu Ende geht, muss ich noch bei mindestens einem Album involviert gewesen sein, auf dessen Cover ein obligatorischer Totenschädel prangt“, scherzt Ville.
Alles andere als witzig sind hingegen wieder einmal die unverblümt persönlichen Texte des dunkelhaarigen Hünen. „Es hat beinahe ein ganzes Jahr gedauert, um die richtigen Worte für die einzelnen Songs von A DEAD HEAVY DAY zu finden“, erinnert er sich.
„Damit verordnete ich mir quasi eine kleine Selbsttheraphie, die mir bei meinen langwierigen Kampf gegen die destruktiven Verlockungen des Alkoholmissbrauchs helfen sollte. Ihr könnt euch aber sicher sein, dass ich schon bald meinen Kopf aus dem Allerwertesten ziehe und das nächste Mal über etwas völlig anderes schreibe – nicht, dass sich die Leute irgendwann über die Probleme von Herrn Laihiala langweilen.“
Auch für die kommende Tour mit ihren Label-Kollegen Dark Tranquillity und Fear My Thoughts haben Poisonblack die Messlatte hoch gesteckt. „Vor einem Publikum zu spielen, das teilweise noch nie etwas von uns gehört hat, stellt natürlich eine reizvolle Herausforderung dar. Da wir mittlerweile auch jede Menge Songs mit einem höheren Härtegrad am Start haben, bin ich mir sicher, selbst bei den Fans der anderen Bands mehr oder weniger punkten zu können“, erklärt Ville seinen erfolgsversprechenden Schlachtplan.
Dass die Farbe Schwarz in diesem schwermetallischen Kessel Buntes – trotz aller Genregrenzen – eine tragende Rolle spielen wird, ist daher so sicher wie das berühmte Amen in der Kirche.
Doch trotz aller Vorfreude auf die kommenden Konzerte, fällt dem stolzen Familienvater der temporäre Abschied von seiner Heimatstadt alles andere als leicht. „Ganz entgegen dem üblichen Procedere haben wir uns diesmal für ein Studio direkt in unserer Nachbarschaft entschieden, was sich letztendlich als klarer Vorteil erwies“, meint Ville. „So haben wir nicht nur Lagerkoller verhindert, sondern es war sogar möglich, kurz nach Hause zu fahren, um zum Beispiel meine Kinder ins Bett zu bringen.“
Deutlicher kann er es wohl nicht ausdrücken, dass der ehemalige Albtraum eines jeden Barkeepers mittlerweile ganz andere Prioritäten in seinem Leben gesetzt hat.
Zum Wolf im Schafpelz mutiert der sympathische Finne nur noch bei einem aufgezwungenen Blick in die eigene musikalische Vergangenheit. „Am liebsten möchte ich mich bei jedem Journalisten persönlich bedanken, der mich nicht auf irgendwelche imaginären Parallelen zu meiner ehemaligen Band oder eine mögliche Sentenced-Reunion anspricht“, seufzt Ville. „Wieso bekommen die Leute einfach nicht in ihren Kopf hinein, dass die Sache endgültig vorbei ist? Wir werden niemals wieder zurückkehren. Punkt. Aus. Ende.“
Was für ein Glück, dass wir uns diese spezielle Frage gerade noch so verkniffen haben…