Man kann nur staunen über das konstant hohe Level von hyperschneller Leadarbeit und der Spannung, die einfach nicht nachlässt – da folgt Hoch auf Hoch auf Hoch… Wie kam’s?
Uh… I dunno? Ich habe einfach keinen Bock, mich zu wiederholen. Und diesmal haben wirklich alle ihr Schärflein beigetragen und mitgearbeitet, Dave, James, etc. Also dachte ich mir, okay, wenn ich jetzt schon jedermanns Aufmerksamkeit habe, dann drehen wir Schraube an und setzen auf mehr Geschwindigkeit und Intensität, machen alles ein bisschen dunkler, ein bisschen symphonischer. Mein Motto war schon „harter, fastet“, das stimmt. Aber das ist immer so, und bei jedem Interview zu einer neuen Platte ertappe ich mich dabei, wie ich schon über das nächste schwadroniere… was ich da dann alles umsetzen möchte… es wird jedenfalls NOCH schneller. Egal, mir behagt es jedenfalls sehr, dass wir jetzt wieder angefangen haben, aufs Gaspedal zu treten. Ich liebe das. Ich habe kein Problem mit Midtempo-Nummern, aber was mich anfixt, ist Geschwindigkeit.
Sowohl Ashley und Martin verfügen beide über klassische Musikausbildungen, waren Konservatoriumsmusiker, bevor sie zum Metal gefunden haben… wie beeinflusst das eure Zusammenarbeit? Du bist Autodidakt. Gibt es da Reibungspunkte oder unerwartete Offenbarungen, beiderseits?
Aus Erfahrung kann ich sagen, dass alle unsere Band-Mitglieder, die einen klassischen Background und Training haben, immer Probleme hatten, mit mir zusammen Songs zu schreiben… Nicht, dass wir einander deswegen gestritten hätten, es hat einfach mit meinem Schreibstil zu tun. Ich haue halt alles zusammen, von dem ich glaube, dass es gut klingt… und für die Band passt das. Aber sobald ich mit jemandem schreibe, der anders arbeitet, bzw sich an Erlerntes hält, haben die oft Probleme, sich reinzudenken. Schau, ich will keine Grenzen! Da können Dutzende von Tonartwechseln in einem Song vorkommen; wichtig ist mir nur, dass sich alles zusammenfügt.Manchmal führt das zu Reibereien, manchmal kommen dabei gute Sachen raus – unterm Strich hängt alles davon ab, wie leidenschaftlich die Leute sind, weißt du? Das ist bei jedem Job so. Wenn du ihn gern machst, lässt du dich drauf ein und wirst mit dem, was du kannst, spielen. Diesem Album kam auf jeden Fall zugute, dass alle mitgearbeitet haben; Godspeed musste ich ja weitgehend alleine durchziehen…
Du setzt mehr auf „Zusammenspiel“, als darauf, den Guitar Hero zu spielen?
Ja, auf Gitarrenhelden hab ich so gar keinen Bock. Die sind mir unsympathisch. Leads kommen dahin, wo sie hingehören – weil sie eine Rolle im Ganzen haben. Aber um ganz ehrlich zu sein, versuche ich von Soli oder artistischen Leads wegzubleiben; wichtiger sind mir Stimmungen und Melodieführung. Ich will, dass es Gefühl hat. Ich will, dass es dir kalt die Wirbelsäule raufkriecht – und Soli schaffen das bei mir nicht. (lacht)
Die Symphonie sorgt diesmal für eher für einen subtilen Subtext, für Dichte, aber mit leichter Hand…
Um ehrlich zu sein, ist das mehr Textur als irgendwas sonst. Die wichtigen Stellen treten hervor, aber im Grunde soll das Orchester dem Riff nur mehr Körper zu geben, d.h., es läuft parallel dazu… Sobald du die Platte mit Kopfhörern hörst, nimmst du die Orchestermusiker aber in ihrer Substanz wahr. Sie sind leicht, aber präsent.
Aufhorchen ließ vor allem der Chor auf „One Foul Stepp“ – der war sehr Omen-esk. Moderne E-Musik, echt gewagt, unheimlich dazu….
Jajaja, der Chor ist brillant, gell? Genau wie die weibliche Stimme nach Dreiviertel von „Lilith Immaculate“– wie sie singt, ist grandios, das gibt dem Riff einen düsteren Swing, ganz exzellent – als ich das ein erstes Mal hörte, standen mir die Haare zu Berge. Da bekam ich Gänsehaut.
Andere Gänsehautmomente?
Ganz ehrlich?? Alles. Weil ich nichts aufnehme oder aus den Händen gebe, bevor mir das nicht passiert. Sobald sich mir die Haare sträuben, weiß ich, es taugt.
Welcher Song ging dir am leichtesten von der Hand? Welcher am schwersten?
„Forgive Me Father“ war am leichtesten. Das war wie Fingerschnippen. „Sacred Heart“ hingegen? Ugh, Horror. Noch bevor ich mit dem Songwriting für das Album anfing, habe ich viel rumexperimentiert, und sogar ein paar Dancebeats draufgemacht… doch über die Wochen und Monate, in denen es sich entwickelt hat, hab‘ ich das alles wieder runtergeschält. Für das Album wäre es nichts gewesen; so was kann ich mal für mich allein machen. Der hat echt lang gebraucht, der Song.
Was ist mit deiner Kunst-Webseite Vomitorium – sie war die letzte Zeit nicht zu erreichen?
Bis nach der Promo für das Album liegt sie auf Eis. Wenn die Platte und Band erstmal wieder angeschoben sind, konzentriere ich mich wieder voll darauf. Ich habe schon neue Entwürfe in der Mache und arbeite auch gerade an Merch für andere Bands; etwas besonderes habe ich für Dawn of Ashes am Start… also, da ist einiges am Köcheln.
Werden Cradle Of Filth ein paar mehr Früchte deiner Grafikarbeit ernten?
Nee, nicht wirklich, das ist ein ganz eigener Kunststil.
Wäre es nicht eine Herausforderung, das Cradle-Artwork auf eine andere Stufe zu heben?
Naja, ich entwerfe immerhin wieder das Merch, zusammen mit Dani, wie immer. Aber du hast schon recht, es wär‘ mal was anderes… und mir würde es Spaß machen.
Okay, letzte Fragen… Zurückschauend nannte Robert Plant Led Zeppelin eine „Boy Band“… wie wirst du später mal Cradle nennen?
Eine Boy Band? (lacht) Okay… dann sag‘ ich… eine Dead Band. Naja, wir sind schon ziemlich tot. Und alt dazu. Aber ich glaube, egal, wie viele Jahre uns noch bleiben, wir werden im Grunde immer dieselbe Band sein. Wir sind heute so viel älter als früher… und werden immer besser. Ich denke, da geht noch einiges.
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